Schedule 1 – S/T LP

Meint Ihr, es hat 12 sensationelle Freitage in Folge gegeben und dann kam Freitag der 13. und hat voll abgeschissen? Oder warum ist der heutige Tag verdammt dazu, rot im Kalender angestrichen zu werden und Menschen laufen extra vorsichtig über die Autobahn?

Vielleicht sollte man den Tag ja lieber feiern, anstatt von Unglück auszugehen. Vielleicht gab es früher nur an jedem 13. Freitag Wochenende? Oder es wurde gewaschen oder es durfte gelacht werden? Man muss ja nicht immer so negativ sein. Ich mein, manche Bands haben auch mehere Versuche gebraucht, bis was Ordentliches aus den Instrumenten herusgesprungen ist. Ob das dann gut war, sei dahin gestellt. Aber stellt Euch mal vor: Sum 1 – 40 waren noch schlechter. Oder Blink 1 – 181. Das nennt man Ausdauer. Oder Verzweiflung.

Da lobe ich mir Schedule 1, die haben das direkt beim ersten Anlauf geschafft, eine tolle 12″ mit 6 Songs aus dem Proberaum in Vancouver auf den Markt zu blasen. Auf dem Debüt kommen ein paar Post-Punkige Klänge aus Gitarrengeplinker und Gesang mit viel Hall zusammen und verschmelzen mit einer Best-of-80er-Jahre-Basslauf-Mischung zu tanzbarem Wave Post Punk, der sowohl in dunkleren Kellern für dunklere Gestalten aufgelegt werden kann, als auch bei eintönigen Arbeiten im Büro als Unterstützung dazu dienen vermag, den Schreibtisch samt Chef aus dem Fenster zu schmeißen. Melodie, Aggressivität, Spaß. Erster gültiger Versuch und direkt eine gute Platte. Toll.

Sabotage Records und Dirt Cult Records. Gibt es auf buntem Vinyl zu kaufen und bei Pils Records in Kanada sogar auf Kassette, aber warum sollte man. Ich habe ja den Film nie gesehen und mir erst vor ein paar Jahren mal Halloween angetan. Der war gar nicht schlecht. Hm. Vielleicht weiß ich jetzt, was ich mit den Kindern heute Abend mache. Cool.

UPDATE: Witching Waves- Streams And Waterwaves LP

***UPDATE – Was wäre ich nur ohne meine 3 Leserinnen. Ich hab mich bei so Kleinigkeiten wie dem Bandnamen vertan und wurde darauf hingewiesen (Ich hab darauf beharrt, dass die Band "Witches And Waves" heißt). Schön, dass jemand aufpasst. Danke, Thomas! – UPDATE***

Kurz vor zu poppig, aber genug Gitarrengedudel und Akkordwechsel nach meinem Geschmack, um hier gerade noch unter Post Punk reinzurutschen. Ich hab ja eh diese Schwäche für mehrstimmigen Gesang von Mann und Frau. Und heute ist Donnerstag mit Husten und Kopfweh, da braucht man ein bisschen Musik, die sanft die Seele streicheln kann. Witching Waves kriegen das hin. Scheiß Herbst.

Specialist Subject Records. Kommt Anfang Dezember auf Vinyl in den Adventskalender und man wirft jetzt schon einmal diese Perle vor die Säue, um zu schauen, ob jemand daran knabbert. Mir schmeckt’s.

Treeboy & Arc – Natural Habitat LP

Pünktlich zum Ferienstart in diesem Bundesland setzt auch das beschissene Wetter ein und die Vorfreude auf sonnenverbrannte Kinder weicht der Einsicht, dass mehr UNO als Beach Ball gespielt werden wird.
Die metaphorische Brandmauer ist vom Parteivorsitzenden eingetreten worden und die echte Brandmauer im Süden des Kontinents ist abgebrannt. Der passende Soundtrack dazu ist auch schon fertig abgemischt und liegt bereit.

Treeboy & Arc haben neulich ihr Debütalbum auf Schallplatte gepresst und servieren 9 sehr angenehme Post Punk Stücke, zu denen man lieber ein Glas Wein am Küchentisch als eine Dose Bier am Strand trinkt. Mehr Sprechgesang und Redekunst als Wutgeschrei oder Gesang. Mehr Gitarrenspiel als Akkorde und der Bass tritt so oft in den Vordergund, dass das BO seine Freude hätte. Schöne Melodien, tolle Platte.

Grünes Splatterschwarzvinyl. Dazu gibt es noch verschiedene andere Kaufoptionen über Longsleeve, Cap und Küchentuch bis zu T-Shirt und Digipack. Und alles zusammen und auf einmal. Heute habe ich gelernt, dass Küchentuch im Englischen ein tea towel ist. Charmant.

Corker – Falser Truth LP/CS

Na, wer von euch genießt die neue Corona-Infektion vom Get Lost Fest? Können wir die schon als eigene Variante bezeichnen, weil die sich im menschlichen Organismus ausschließlich von Punk Rock, Fischbrötchen und Jever ernährt?
Was dann wohl die äquivalente Variante aus dem Post Punk futtern würde? Rotwein und Haschisch oder Wodka und Mettbrötchen? Ich hätte hier zumindest einen guten Nährboden parat, denn heute ist die neue Corker LP erschienen und postiger wirds nicht mehr.

Die vier Jungs aus Cincinnati liefern mit der LP eine tolle Reise durch die Tiefen der kopflastigen Melodien und Rhythmen aus den latent anstrengenden Genres der letzten 60 Jahre ab. Deswegen klingt das dann auch so intelligent, da hat man viel drüber nachgedacht. Herausgekommen sind 8 Songs, die mehr zum Zuhören animieren als zum Tanzen oder Steine schmeissen, aber irgendwas müssen wir alten Herren und Damen ja auch noch mit Musik anzufangen wissen. Toll.

Feel it Records. Kommt auf ähm, ungefärbtem Vinyl und in schwarz. Fragt mich nicht. Wem das zu hippiemäßig erscheint, kann auch zu der Kassette greifen. In den USA bei Future Shock Recordings und in Europa bei Urticaria Records. Na dann.

Datenight – Mother’s Day

Wisst Ihr, was schön ist? Pfirsiche, Nektarinen und Melonen und Orangen. Also solch Obst, bei dem man beim Kauf noch nicht weiß, ob es schmecken wird, oder ob man daran stirbt. Das ist doch eine nette Abwechslung in dem durchdesignten Geschmackserlebnis der deutschen und internationalen Supermärkte, wo alles immer gleich schmecken muss.

Um es dann noch spannender zu machen, müsste man die Sachen alle komplett im Bioladen kaufen, dann hat man sogar noch die Chance, bei einer blinden Verköstigung das korrekte Obst herauszuschmecken, aber man muss ja auch nicht immer übertreiben. OK.

Datenight aus Nashville kommen mit ihrer dritten LP weniger als Wundertüte des Punk Rocks rüber als vielmehr eine sehr verlässliche Tüte lofi Post Punk Rock Garage für Genießer und :innen. Die können keinen schlechten Song schreiben, Mother’s Day ist ein hervorragendes Sommeralbum , das beruhigt gleichermaßen beim Stau auf der Autobahn und animiert ebenso beim Tischtennisrundlauf auf dem Zeltplatz. Wunderbar.

Kommt die noch auf LP oder begnügen wir uns diesmal mit digital? Stachelbeeren schmecken im übrigen immer gut, da gibt es kein schlecht. Deswegen sind es auch die besten Beeren. Gerne.

Cleanser – S/T EP CS

Der Beweis, dass auch DeathRocker und Dark Wave Punks gerne reine Haut hätten. Cleanser aus Portland haben eine Marktlücke erkannt und stoßen mit ihrem neuen Produkt direkt in die Vorweihnachtszeit mit der trockenen Heizungsluft und der spröden Haut.

Da hilft nur lauter Post Punk mit feuchtem Kellergeruch, der sich wie Balsam in die Poren drückt und eine Frischzellenkur anregt. Ganz geil.

Noise Merchant Records. Auf Kassette erschienen. Bei der Band aber auch. In der US-Version ein bisschen mehr DIY, auf der UK-Version ein bisschen mehr hübsch. Beide so rot wie deine Bäckchen, wenn Du aus der Kälte kommst.

Marbled Eye – Read The Air LP

Aus der Kategorie "Frühlingsmusik für den Herbst" haben wir hier das letzte Album von Marbled Eye aus Oakland im Angebot. Veröffentlicht im März, aber mit dem Sound eines Post Punk Albums, das wunderbar zu Spätsommer- und Herbstabenden unter dem Heizpilz begrabend passt.

Relativ unbeweglich, bisschen monoton, bisschen phlegmatisch und doch wunderbar zu genießen. Es plätschert wohlig wie eine Tasse Tee mit Honig in die Ohren und lullt ordentlich ein. Vielleicht nicht die erste LP, um in das Party-Wochenende zu starten, aber bestimmt das beste, um am Montagmorgen mit Amphetamin-Kater nach Hause zu kommen und sich unter den besagten Heizpilz zu legen. Cool?

Summer Shade und Digital Regress. Auf letzterem sind auch die beiden ersten EPs kürzlich auf Vinyl erschienen. Guten Start in die Woche wünsche ich euch.

Chimers – Through Today LP

Schönes Album von den Chimers aus Wollongong in Australien wird hier mit einem Songs angeworben. Mit dem lautmalerischen Titel des Wohnorts, der an ein Ding Dong Dänegeleng von Kirchengeläut erinnert, haben die beiden Garage Rocker direkt den Namen zum Programm gemacht und sich nach einem Glockenspiel benannt. OK.

Das scheint sich dann aber mit dem Thema erledigt zu haben, zumindest kann ich auf den bislang veröffentlichten Songs keinerlei Ding oder Dong vernehmen. Da herrschen vielmehr melodiöse Gitarrenriffs aus der Hüsker Dü Schüssel vor und werden wohlfeil unterstützt von schepperndem Drumkit, eingängigem Gesangschrei und poppigem Bass. Hä? Sind das nicht nur zwei Leute? Haben die da im Studio geschummelt, oder was? Naja.

Für Fans von Lemuria und Indie Rock Post Punk mit zweistimmigem Gesang. Oh, das bin ja ich. Toll.

Poison City Records. Kommt im Oktober (!) auf verschiedenen Farben auf Vinyl raus. Und im Bundle und auf CD und digitalem Zeugs. Lautmalerisch müsste der Ort, in dem ich aufgewachsen bin, eigentlich "Ahhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhh" heißen.

Rider/Horse – Matted LP

"Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?" Ich nicht. Kann ich gar nicht und Pferde find ich auch eher doof, aber die Post Punker aus dem Hudson River Tal in Kingston, New York scheinen sich stark für die Fortbewegung auf Rheinischem Sauerbraten-Material zu interessieren. Könnte man zumindest annehmen, wenn man sich Rider/Horse nennt.

Aber viel Hufgetrappel kann ich da auf der dritten LP der Band nicht heraushören, das ist vielmehr eine großartige Mischung aus Versatzstücken von musikalischer Kakophonie und wohliger Soundekstase. Also in guten Momenten so wie Les Savy Fav und in schlechten Momenten ein bisschen nervig wie Deine Mutter. Cooler Scheiß.

ever/never records. Auf LP vor ein paar Tagen erschienen und zusammen mit den ersten beiden Alben für insgesamt nur 40$ zum Schnapperpreis. Oder einzeln für 20. Oder digital für 10. Hälfte Hälfte Hälfte. Wiehher bitte?

Dead Years – Night Thoughts LP

Irgendjemand hat mal behauptet, das zweite Album sei das schwierigste für eine erfolgreiche Band. Ähnlich wie bei einem Fußballclub, der zuächst eine sensationelle Saison spielt und im zweiten Jahr total abkackt. Nee, völlig falsche Analogie. Ach, egal.

Zum Glück schwimmen Dead Years aus Bielefeld in den unterirdischen Gefilden der Musik-Kommerz-Industrie und können sich von solch banalen Dingen wie Erfolg oder Standards freimachen. Ich höre jedenfalls keinen großen Unterschied zum ersten Album, das vor zwei Jahren erschienen ist. Und warum auch? Die Labels sind dieselben, die Band ist noch nicht nach Berlin gezogen und das Trio muss noch immer in der banalen Region von Ostwestfalen-Lippe seine Depressionen in schwarzen Klamotten und düsteren Liedern auf die Straße tragen.
Das kann man in den ersten beiden Songs des neuen Albums schon sehr gut heraushören – auch hier sind düstere Post Punk Motive vorherrschend und die Band klingt desöfteren so, als ob sie jemandem vorspielen solle, wie eigentlich diese Hysterese einst geklungen haben. Das ist nicht schlimm, das klingt toll. Und fairerweise muss man anerkennen, dass Dead Years eine Person weniger zur Verfügung für den Sound haben, als die Tübinger einsetzen konnten.

Hier ist ein sehr rundes Album auf einer sehr runden Schallplatte entstanden, das mit dem prima Debüt locker mithalten kann und nicht nur zu schaurigen Gedanken des Nachts über seine verschwendeten Jahre einlädt, sondern auch einfach wunderbar tanzbar ist, wenn man die Negativität in heftigen Bewegungen abschütteln kann. Toll.

Dirt Cult (USA) und My Ruin (DE). Erscheint Anfang Februar und dürfte schon früh im Jahr bei manchen Leuten auf den Best-Of Listen von 2024 landen, wenn die Band nicht im Laufe der nächsten 11 Monate unter dem Radar verschwindet. Also Leute, stellt euren Radar ein und besucht ein Konzert der Band. Ihr werdet nicht erraten, welcher Song von welchem Album stammt. Wetten?