Briefbombe – Ausgeliefert LP

Versteht ihr eigentlich noch diese alberne Debatte um die Cannabis-Teillegalisierung? Was haben die ganzen speckbäuchigen Rotnasen-Alkoholiker von der christlichen Partei denn gegen einen Anbau und Verkauf auf der staatlich kontrollierten grünen Wiese?

Ist mir schleierhaft, warum eine Entlastung für die Justiz und eine Entkriminalisierung von Kiffern so kompliziert sein kann, wenn gleichzeitig auch noch Steuereinnahmen fließen können. Naja, nicht wirklich mein Problem, sollen sie doch das Gesetz bis ans Ende der Legislatur blockieren und Weissbier saufen. Gras kann man immer kaufen, egal, ob legal oder nicht. Der Witz wird halt nur ein bisschen alt.

Ähnlich verhält es sich im übrigen mit unserer Lieblings-Motto-Band aus Hamburg, die sich ausschließlich mit postalischen Themen auseinanderzusetzen versucht. Der Witz ist manchmal ein bisschen umzingelt. Glücklicherweise gelingt es Briefbombe, auf der neuen LP auch wieder textlich an den bissigen Humor der Postdienstleister anzuknüpfen und musikalisch ist das sowieso einwandfreier Hardcore Oi Punk für pogoaffine Spaß-Jugendliche.
Aus Versehen streut man hier sogar mid-tempo Songs ein und kommt damit ins Radio (Hallo Heiko!) – alles richtig gemacht. Mal sehen, wann den vier DHL-Fans die Späße ausgehen. Ich hoffe, sie hören vorher auf und ich muss mir nicht irgendwann eine inszenierte Show mit den Bullen zusammen ansehen.

Tolles Album, kurzweilig und lustig (also die A-Seite…die andere Seite ist, ähm, anders). Witzisch.

Spastic Fantastic. Heute erschienen auf orange und schwarz. Ich könnte mir hingegen eine Split-Single mit dem Rest der Abstürzenden Brieftauben vorstellen. Naja.

Fun Total – Tristesse LP

Ich glaub, früher hat man dazu "intelligenter Punk Rock" gesagt, weil es deutschsprachig ist und man auf einmal gezwungen wurde, auf die Texte zu achten. Und wenn dann nicht nur saudumme Parolen gegröhlt werden, ist das direkt intelligent, ähnlich wie in der Politik eigentlich.

Was die Punk Rocker in den USA und sonstwo auf Englisch für eine Scheisse erzählen, wird ja oft weggetanzt und weggetrunken, Hauptsache, man hat Spaß. Und schon wären wir bei der Band aus Hamburg mit dem englischen Namen Fun Total. Die hat jüngst ihr Debütalbum veröffentlicht und 11 Lieder abgeliefert, die irgendwo zwischen Hamburger Indie Punk Realschule und Stuttgarter Noise Punk Gymnasium herumschwirren.

Passt ebenso gut zum Fußballspielen wie zum Antifa-Diskussionsabend in der Eckkneipe. Schaut sie euch live an, die sind im Februar und April unterwegs. Cool.

My Ruin. Leider zertrommelt die Snare ein bisschen den Sound auf der Platte, da hat jemand versucht, St. Anger von Metallica nachzuspielen und dann vergessen, den Mülldeckel wieder vom Snareständer abzuschrauben. Naja, vielleicht live ohne dann.

The Gents – Responsible Dog Walker 7″

Schön, dass sich mal jemand dieses Themas annimmt und nicht nur die degenerierten Vierbeiner beschimpft, die sich so weit von dem natürlichen Instinkt, nicht einfach irgendwohin zu scheißen, entfernt haben und ihre Kackhaufen auf Spielplätzen und Bürgersteigen hinterlassen.

Man muss Herrchen und Frauchen in die Verantwortung nehmen und auch diese dazu anhalten, nicht einfahch irgendwohin zu scheißen und obendrein noch ihren Tölen beizubringen, in diese kleinen schwarzen Tüten zu kacken, so lange sie sich im urbanen Umfeld herumtreiben.

Eine ganze 7″ Single ist von The Gents danach benannt worden, denn in Hamburg scheint das ein großes Problem zu sein, dass die Gehwege und Parks und Radwege und Straßenstriche mit Hundescheiße übersät sind. Warum nicht. Wenn das musikalisch dann mit rotzigem Garage Punk untermalt ist, dringt die Message vielleicht auch mal durch. Genügend Melodien und Ohrwurmqualitäten sind auf jeden Fall in den 5 Songs enthalten, um damit auf einem Spaziergang mit Hasso zur Davidwache ein paar Beutel vollzumachen und dann einer kreativen Nutzung zuzuführen.

Zweistimmiger Gesang, lärmendes Schlagzeug, krachige Gitarren und gemastert von Will Killingsworth. Kann man nix falsch machen. Cool.

Creepy Kid Records. Am 5. Oktober auf 7″ erschienen und man erhält eine Hundekacktüte kostenlos dazu. Ich glaub, ohne Inhalt. Das wird nicht näher spezifiziert, aber bestellt doch mal dort und lasst mich wissen, ob der Briefkasten stinkt.

Night Punch – Where Sins Bloom So Does Death CS

Night Punch aus Hamburg haben sich nicht etwa nach dem fruchtigen Getränkecocktail aus der Glasbowle benannt, der um Mitternacht ausgekippt wird, weil die Plörre halt scheiße schmeckt und jemand die Bowle als Hut braucht. Nein.

Ich glaub, der Name bezeichnet vielmehr das Gefühl, dass man hat, wenn man die 13 (Synth) Punk Kracher auf die Zwölf bekommt. Tageslicht ist da nicht mehr viel. Auf die Fresse und Licht aus.
Ziemlich eingängige bis aggressive Skate-, Pogo- und von-der-Bühne-Springen-Nummern, die mächtig viel Spaß machen. Auch ohne Rum.

It’s Eleven Records. Auf Kassette erschienen und limitiert. Bolero ist ein Hit. Und ein Getränk. Und ein Tanz. Krass…

Saufknast – EP I CS

Hardcore Punk Band aus Hamburg und Kiel. Braucht man da eigentlich noch mehr Info, wenn man eh eine Vorliebe für Fischköppe und Pogo hat? Saufknast bedienen sich ausgiebig am Hardcore und Punk Rock Buffet der letzten 40 Jahre und kreieren so einen sehr leckeren Teller mit allerlei bekanntem Zeugs drauf, so dass am Ende ein wunderbares Schlemmerfilet Bordelaise aus echtem Punkfilet und Hardcorekruste dabei herauskommt. Bisschen Hall auf die Stimme. Nee, noch ein bisschen mehr. Jau, gut so.

Guten Appetit.

Flennen Records machen da eine Kassette drau. Digital bei der Band letzten Monat erschienen und live zu bestaunen an diesem Wochenende im Hafenklang und dann in Berlin und Leipzig. Wart Ihr bei Judy And The Jerks? War gut ne? Könnt ihr Deutsch? Dann versteht ihr jetzt sogar die Texte – also hin da!

Fortschritt ZT 300 – S/T CS

Es braucht offensichtlich manchmal nicht viel, um mich zu begeistern. Bandname nach einem Trecker aus der DDR, schrammeliger Punk Rock auf Deutsch, Hass auf Anthroposophie (mit "th", ihr Bauerntölpel) und ein neues Genre mit Agrarcore und Trecker-Punk. Geil.

Fortschritt ZT 300 kommen aus Hamburg und dreschen in ihren 7 Songs ordentlich durch die 3-Akkorde Schule des banalen Garagenpunks. Manchmal sind es mehr und manchmal weniger. Gute Texte, viel Geschrei, viel Crash-Becken und alle Songs haben einen agrikulturellen Hintergrund und Themenbezug.

Passt wunderbar zum Pogo auf dem Misthaufen.

Bei Brainwasher Records auf Kassette erschienen und auf 75 Stück limitiert. Kann man dann bequem beim Bierchen im Trecker hören.

Briefbombe – S/T CS

Kurz und gut. Briefbombe aus Hamburg haben 8 gute und kurze Hardcore Punk Nummern zum Thema "Post" eingespielt, mit ein bissl lustigen O-Tönen oder TV-Schnipsel versehen und geben damit eine 1A Bewerbung an der Kunsthochschule zum Thema "Konzeptalbum im digitalen Zeitalter" ab. Funktioniert.

Erscheint auch auf analoger Bandsalatkassette bei Brainwasher Records in Hamburg und wird dann hoffentlich zusammen mit Sprengsätzen an die Kunden verschickt. Wo ist denn sonst der Witz?

Dackelblut – 25 Jahre "Schützen und Fördern"

Vor 25 Jahren war ich knietief im Hardcore und Emo aus den USA versunken und fand so ziemlich alles andere an Neuerscheinungen mindestens kacke bis langweilig und uninteressant. Das liegt zum Einen natürlich am zarten Alter, in dem ich damals war, aber zum Anderen war auch alles andere kacke.

Punk Rock war schon ein paar Jahre kommerziell erfolgreich, die Musikindustrie hatte sich Green Day, the Offspring, ALL, Jawbox, Bad Religion und zahlreiche andere Bands geschnappt und ich hatte keinerlei Interesse an deren Musik.
Deutsche Bands waren alle irgendwie doof, weil Deutschpunk mit Ausnahmen schon immer ein bisschen zu dumpf und peinlich war. An deutschem Punk hatte ich überhaupt kein Interesse, außer vielleicht an Zorn oder Dawnbreed aber das ist ja nun wirklich was anderes gewesen.

Und so saß ich da selbstgerecht in meinem Keller und lauschte den 10 auserwählten Bands, die meiner würdig waren. Bis zu einem Abend, an dem ich mit einer Kassette konfrontiert wurde, die im Auto eines Kumpels lief. Naja, des älteren Bruders von nem Kumpel – so alt bin ich nun auch wieder nicht.

Und schon beim ersten Hören des Albums in dem rostigen Polo hab ich gemerkt, dass deutscher Punk Rock gar nicht mal so doof sein muss. Ganz im Gegenteil, das klang irgendwie verschroben intelligent und gleichzeitig saucool. Sensationelle Gitarrenmelodien und darüber schräger Gesang mit kreativer Nutzung deutscher Grammatik und Texte mit mehr Tiefe und Inhalt als die faden Geschichten und Gedichte aus meinem Deutschunterricht.
Das sind Dackelblut aus Hamburg!

Was ist mit der Estonia gewesen? Was macht eigentlich Jochen Distelmeyer? Wer macht die Wäsche bei antikapitalistischen Auftragsmördern? Die Texte von Rachut treffen immer genau in die Mitte zwischen den Peinlichkeiten von "kryptischer Kacke" und der "Auf die Fresse Plumpheit" – hier werden gute und wichtige Gedanken in persönliche und/oder verrückte Geschichten verpackt. Genial!
Dazu ein schickes Artwork und ein Cover, das dem Namen der Band nicht unähnlich ist – irgendwie ein bisschen seltsam und deswegen auch anziehend und cool. Obendrein noch ein Cover von Funny van Dannen als Sahnehäubchen drauf, das es eigentlich gar nicht gebraucht hätte.

Und ja, auch der ganze Kram, den die beiden (Jens und Andreas) danach gemacht haben, war super. Aber Dackelblut? Für mich die beste deutschsprachige Punk Rock Band mit den besten Geschichten und den besten Gitarrenläufen.

Zur Feier des Jubiläums. Danke, Dackelblut!