Tics – Flash Language LP

Am nahen Horizont lauert ein neues Highlight aus dem deutschen Post Punk Firmament! Tics aus Köln haben ihr viertes Album nun schon ein paar Mal mit zwei Singles angekündigt – eine im November und eine im Januar – und diese Salamitaktik scheint aufzugehen, zumindest hat sich dadurch mein Interesse zur  Ungeduld gesteigert und ich hab mir die LP kurzerhand brühwarm aus dem Presswerk geklaut und teuer weiterverkauft bei einem Glas Rotwein für Euch vorgehört.

Kurzum könnte man meinen, hier ein neues Release von Dischord Records aus den 2000ern auf dem Plattenteller liegen zu haben und ich musste mich zweimal vergewissern, nicht eine alte Testpressung von Q and not U geklaut zu haben. Ich geh jetzt einfach mal davon aus, die richtige LP hier zu besprechen, was solls. Tics sind auf Flash Language ein bisschen weniger im Funk-Universum unterwegs und lassen ihrer Post Punk Tanz- und Spielfreude freien Lauf, die sich auf diesem Album eher in die Richtung von Washington D.C. als Leeds U.K. (Gang Of Four) bewegt.

Mir gefällt das sehr gut, es ist eine großartige Platte für den späten Winter, wenn man gemütlich über Kopfhörer lauschen kann und eher die Organe qua Kohlsuppe tanzen lässt, als durch das zugige Wohnzimmer zu hüpfen. Nur ein Song ist zu viel auf der Platte, aber den verrate ich euch nicht. Tolles Album von Tics, hoffentlich.

Tomatenplatten. Das dritte Album auf dem Label und bis zum Erscheinungsdatum am 02. Februar kann man die Platte auch noch auf der Bandcampseite von Tics zu einem günstigeren Preis vorbestellen. Na los, ihr Schnäppchenjäger!

Zweilaster – Scheiblettenkäse & Sehnsucht LP

Von Cover über Titel bis zum Inhalt ist hier alles ein Fallbeispiel für das hübsche Wort "skurril" und eigentlich gehört ein Bild und mindestens ein Song der Platte von Zweilaster ins digitale Lexikon neben den Begriff der Skurrilität.

Es ist eben einfach eine Spur neben dem, was im Allgemeinen als "normal" angesehen wird und wenn die beiden (Arno und Marie) das auf die Spitze treiben, ist die Grenze zur Psychopathologie schon fast überschritten. Auf Deutsch heißt das dann, die seien verrückt.

Ja, das ergibt alles irgendwie Sinn. Nicht umsonst bezeichnen sie selber ihre Musik als eine Form der Kunsttherapie. Klingt jetzt alles ein bisschen hippiesk, was? Naja, früher hätte man da vielleicht Avantgarde oder Post Punk zu gesagt, als noch Bands wie Wirtschaftswunder mit "Analphabet" oder Zero Zero mit ihrem ersten Album um die Ecke kamen. Ja, das klingt nach Anfang der 80er und experimentierfreudig und, ähm, naja, anders.
16 Songs, sehr unterhaltsam und eventuell wird das sogar von der Krankenkasse bezahlt. Ab über den Tellerrand!

Tomatenplatten. Das Album erschien bereits im letzten Jahr, aber Thomas hat das jetzt auf Vinyl gepresst. Streng genommen ist eigentlich alles in meinem Plattenregal eine Form von Therapie, wenn man mal drüber nachdenkt. Scherztherapie, Traumatherapie, Tanztherapie…alles da.

Lo Fat Orchestra – All I Want 7″

Endlich wieder Montag, 35° im Büro und fiesen Kaffee aus der Kanne kratzen, den der Arschloch-Kollege als Rest übrig gelassen hat. Motten und Maden aus dem Müsli herauspulen oder mit abgelaufener Milch ertränken und auslöffeln. Künstliches Lächeln auf dem Flur, Augen verdrehen vor dem Monitor. Herrlich.

Wie gut, dass man stets das Headset auch zum Hören von Musik nutzen und sich den dämlichen Konversationen zum Wochenstart entziehen kann. Ich hätte das was Entspannendes. Das Lo Fat Orchestra aus der Schweiz meldet sich zurück und gibt sich die Ehre mit drei Liebesliedern auf einer hübschen Single. Den ersten kann man schon einmal jetzt hören und mit dem lässigen Basslauf und der chilligen Gitarre im Kopf erträgt man auch das bevorstehende "Business Lunch" mit dem Chef. Schön.

Tomatenplatten. Erscheint offiziell am 15. September. Thomas braucht halt noch ein paar Wochen, bis er die 300 Cover tatsächlich zuhause aufm Küchentisch fertig gesiebdruckt hat. OK, das Motiv ist nicht so wahnsinnig anspruchsvoll, aber dafür gibt es drei Farben!

Jacke Schwarz – Witaj LP

Es ist Montagmorgen und die Heizung will nicht so, wie ich das will. Es ist aber noch warm unter der Decke. Bleib ich liegen oder kämpfe ich mich durch den Tag in die Kälte, in die Woche, in die Welt? Der Promozettel vom neuen Jacke Schwarz Album suggeriert, ich solle mich noch einmal umdrehen. Na gut, Herr Tomatenplatten, aber Du erklärst das dem Chef.

Das Album "Witaj" von Jacke Schwarz, dem Bassisten der Berliner Punks von den Eastie Ro!s, hat seinen ganz eigenen Charme. Hier ist nicht viel mit Punk Rock, das ist eine Mischung aus Liedermacher Folklore und Gitarren Pop der 70er Jahre. Das ist das wilde warme Berlin der langen Bärte und gefütterten Wildledermäntel, das auf die kalte Realität des feuchten Asphalts und die verranzten Gürteltaschen der zähneknirschenden Speeddealer trifft.
Es stimmt, hier und da hört man den großen Rio Reiser heraus und manchmal findet man Schnipsel von Danger Dan’s Poesie in den Texten, aber das passiert halt schnell, wenn ein Künstler in Deutschland eine Gitarre in die Hand nimmt, die Menschen um sich herum beobachtet und die daraus entstehenden Bilder und Geschichten dann in Lieder verpackt.
"Ach, guck, ein Linker mit Musik und Texten. Wie der Rio damals. Oder der Typ von den Antilopen mit dem Maschinengewehr."

Vielleicht braucht Herr Schwarz deswegen auf dem 11 Song starken Album auch mal eine Pause und singt 2 Lieder auf Sorbisch, damit das nicht jeder versteht und packt dann zusätzlich noch ein Instrumental mit dazu. Sicher ist sicher. Die Slide-Gitarre hat er schon einmal bei einem Pisse Album ausprobiert und das war ok, also kommt die auch hier zum Einsatz.
Tolle Platte – einen Song kann man schon einmal hören. Am 03. Februar kommt dann der Rest.

Lieber unter der Decke die Welt doof finden als in der Kälte auf gutgelaunten Menschen auszurutschen. Habt einen schönen Start in die Woche!

Pfingsten. Pfarty.

Jedes Jahr muss ich nachschlagen, was eigentlich an diesem Pfingsten gefeiert wird von den verrückten Christen. "Die Ausgießung des heiligen Geistes". Also die Gründung der christlichen Kirche. Mhm, cool. Danke.
Also weil so ein Dude (männlich, keine Frage) vor ein paar tausend Jahren vor die Füße der 12 Jünger gekotzt wurde, können wir jetzt am Montag nicht nachn Aldi rennen. Na toll.
"Maybe partying will help" (D. Boon)

Tokky Horror – I Found The Answers And Now I Want More

LAUT! Bitte gehen Sie weiter, es gibt nichts zu sehen. Sitze gerade in meinem Auto und kalibriere bei voller Lautstärke den Equalizer. Aber equal ist da gar nix bei Tokky Horror, eher alles ein bisschen anachronistisch in den 90ern verankert und, huch, elektronisch! Das ist ja äh, Drum’n’Bass? Bei Alcopop erschienen und ganz hervorragend zum Start ins Wochenende geeignet – 3 Tage wach, Zeit läuft! Ab geht’s…

Cherym – Listening To My Head

Eine kleine feine Pop Punk Nummer von Cherym. Irgendwie muss man sich ja inzwischen über dieses trostlose Wetter hinwegtrösten (höhö) und den ganzen Tag einfach nur Schaps oder Alkopos (HÖHÖ) trinken geht auch nicht. Nein, auch im Homeoffice geht das nicht. Glaubt es mir! Interessanterweise ist diese irische Perle ebenfalls beim Party Label Alcopop Records erschienen. Das nennt man Diversitiavät Abwechslung!

Hawel / McPhail – Transmission From The Upper Room LP

10 ganz feine Garage Punk Rock Pop Nummern von den beiden Herren Hawel und McPhail. Auch hier klingt das letzte Jahrhundert durch, was jetzt ja musikalisch gesehen das bislang großartigste war. So gesehen eine super Inspirationsquelle. Kommt mit Druck, kommt mit Gefühl. Mit mehrstimmigem Gesang und prima Melodien. Was ganz feines für die Boombox im Linienbus nach Liverpool. Bei La Pochette Surprise in Hamburg auf Vinyl zu haben.

The Smog – Fast Time, Last Chance 7″

Ich hoffe, ihr macht alle eure Hausaufgaben und schaut regelmäßig bei 12XU vorbei. Ja? Prima, dann muss ich hier ja nix mehr zu erzählen. Nur so viel: gefällt mir außerordentlich gut und würde ich sogar noch mehr Geld für ausgeben als der Groschi, aber ich war zu langsam für das neue Stück Vinyl von The Smog. Falls ihr also eine übrig habt…schenkt sie dem Groschi, der soll mal wieder mehr Platten hören.

BSÍ – Sometimes Depressed…But Always Antifascist LP

Wenn Du nach ein paar Tagen Feiern und Party und Drogen und Freunde in der Großstadt endlich erschöpft den Kopf auf die Sofalehne legst und die Kneipen, Bars, Menschen, Clubs und Parks, Taxis, Straßen und Busse noch einmal Revue passieren lässt – 25Lue. Der andere Song vom isländischen Duo ist eher so Garage Rock Pop. BSÍ haben bestimmt ein ganz zauberhaftes Debüt abgeliefert, man kann leider erst einmal nur 2 Songs davon hören. Kommt bei Tomatenplatten.

EASTIE RO!S – The Peel Sessions 10″

So schön eine 10″ auch grundsätzlich ist, dieses Cover versucht mit aller Macht, dass ich die Platte im Regal stehen lasse und mir die 6 Songs erst gar nicht anhöre.
Der Name der Band ist in den letzten 6 Jahren nicht wirklich lustiger geworden und das Teil einfach eine "Peel Session" zu nennen, macht es nicht zu einem interessanten Release. Aber ok – die Komiker von EASTIE RO!S aus Ostberlin waren ja in der Vergangenheit zumindest immer gut zu meinen Ohren, die Augen mögen zwar von Zeit zu Zeit auch mitessen, aber mithören? Wir wollen mal nicht übertreiben (siehe alle 80er Platten von D.I. – nur blind zu genießen).

Leider geht es beim ersten Song allerdings direkt weiter mit der albernen Blödelei. Ein "Radiomoderator" kündigt die Band an und spielt einen Song in der falschen Geschwindigkeit ab. Haha. Brüller.

Hat man allerdings den ganzen unwürdigen Quatsch überwunden, bekommt man zum Glück eine Entschädigung in Form von 6 feinen Stücken, die jajajajajaja ein bisschen an die alten Shocks erinnern, weil eben auch hier wieder abgehackte Gitarrenriffs von oben nach unten gespielt und gute deutsche Texte von links nach links über den trockenen Punk Rock Sound gesungen werden. Ich glaub, den Typen da, den hab ich schon mal bei Gulag Beach gehört, oder? So ist das in Berlin. Wunderbar!

Toll auch, dass die Aufnahmen alle live am Stück auf ein 8 Spur Gerät eingespielt worden sind und dann in gewohnt feinster Manier von Daniel Husayn gemastert wurden. Also von der technisch und musikalischen Seite alles wie immer topp – wie bei Tomatenplatten eigentlich auch nicht anders zu erwarten. Vielleicht ist das ja ne Platte für Mord im Dunkeln spielen…erscheint am Freitag kompletto – jetzt erst mal nur der Track hier.

Sucht doch mal auf dem Cover nach einem Witz. Sucht. Da ist bestimmt was Lustiges. Sucht!

Ufosekte – S/T 7″

Meine Herrschaften – hier eine Lehrstunde in Sachen Prokrastination: Aufgenommen Dezember 2015 – angestrebte Veröffentlichung Mai 2019. Junge, Junge. Da waren Trump und Brexit noch kein akutes Thema und der dunkelbraune Kugelspringer war – wie wir alle noch wissen – Insekt des Jahres. Fleißige Menschen haben seitdem ein Studium begonnen und abgeschlossen. Ha.

Auf jeden Fall ist jüngst ganz geiler Scheiß aus Frankfurt da in mein Postfach gesegelt. Die Ufosekte hat nun endlich ihre selbst betitelte Debüt Single bei Tomatenplatten veröffentlicht. Dem Namen nach zu urteilen, könnte man bei der Ufosekte eigentlich eine rotzige Deutschpunk Band erwarten, aber die Typen singen auf Englisch. Na gut, das ist zwar irgendwie albern, aber bitte schön. Love A machen das genau umgekehrt und das ist noch alberner…

Musikalisch sind die 4 Frankfurter laut eigener Aussage irgendwo bei "high-energy-dark-ambient-synth-something-with-punk" zu verorten, was ja mal ziemlich super klingt. Mich erinnert der Gesang teilweise an die unterschätzen Deadverse aus der Schweiz, und das ist ja schon mal was mit Punk. Blendet man die Stimme aus, kann man bestimmt so Kram wie Radioactivity oder meinetwegen auch Autistic Youth raushören, was ja durchaus ganz gute high-energy-dark Punk Bands sind. Dann spielt da irgendwo im Hintergrund der Alibi-Synthesizer mit, der das alles mit ambient-synth abrundet. Also mischt das alles mal zusammen und schon habt ihr Punk aus Hesse – auf die Fresse, haha.

5 Songs mit Gitarre, Bass, Schlagzeug und einem versteckten Synthesizer. Sehr kurzweilig, sehr gut. "What is not" ist der Hit. Da ist auf jeden Fall Potential für ein ganzes Album am Start, fragt sich nur, ob es dann noch genug Erdöl zur Vinylproduktion gibt.