Faze – Big Upsetter LP

Ein neues Album von Faze kann auch nicht über die steigende Scheißigkeit der Welt hinwegtäuschen, aber wenn man das laut genug macht, hört man vielleicht die schlechten Nachrichten aus allen Richtungen nicht mehr auf sich einprasseln und die Stimmen im Kopf werden übertönt, die Dir sagen, Du müsstest jetzt aber wirklich mal mit der Mistgabel vor die Tür und Dir einen Mob suchen.

Schade eigentlich, der Post Hardcore Punk aus Montreal hat so was Animierendes, fast Aufrührerisches. Der Titel ist auch sinnstiftend. Da kann man wunderbar Mistgabelweitwurf zu machen, könnte ich mir vorstellen. Aber dann hat man natürlich keine mehr in der Hand. Keine Ahnung, wie so ein wütender Mob funktioniert, aber ohne Mistgabel im Arm sieht das ärmlich aus. Hm.

Tolle neue LP mit 6 Liedern in 20 Minuten. Fast schon untypisch für das Genre. Aber die Zeit nehm ich mir.

11 PM Records. Auf Vinyl erschienen. Es ist ein bisschen bedauerlich, dass unsere englischsprachigen Freunde keinen Unterschied von Heu-, Streu- und Mistgabel machen. Das ist alles Pitchfork, wo hingegen die Franzosen sehr wohl um die feinen Bedeutungsunterschiede wissen. Naja.

Northeast Regional – Fitness 7″

Wie sieht es denn bei euch mit der Fitness aus in diesen Wochen? An den letzten warmen Tagen könnte man ja eigentlich noch einmal seinen dicken Hintern und den Hängebauch in die Sonne halten und dazu mit den Zehen wackeln, damit man nicht direkt beim ersten Husten umfällt, wenn der feuchtkalte Herbst kommt.

Man kann natürlich auch ne Pulle Wodka mit Lecithin mischen und den Flachmann am Arbeitsplatz brav leernuckeln. Viel hilft viel.

Wie das die Menschen im Nordosten der USA so handhaben, könnt ihr auf der letzten Single von Northeast Regional heraushören, die eigentlich aus Richmond in Virginia kommen und mit ihren 3 Songs die Spätausläufer des letzten Winters besungen haben. Das ist gesunder Post Hardcore Kram, der sich selber mit Bands wie Rocket From The Crypt und der Party Of Helicopters vergleichen will und mit dieser Mischung auch gar nicht so Unrecht hat. Ich höre noch Auxes heraus, herzlichen Glückwunsch.

Gitarrenwand mit Geschrei und viel Adrenalin. Vielleicht nicht gut gegen Husten, aber wenn man das laut genug hört, wird die Nase wieder frei. Cooler Scheiss.

Tor Johnson Records. Schon im Februar auf 7″ Vinyl erschienen. In schwarz und UV-Licht-farbig (?). Vielleicht leuchten die unter der Wärmelampe, wenn man inhalieren muss, oder so. Kommt gut durch den Tag!

Kem Trail – Acht Cola Acht Bit / Sachbesch​ä​digung LP

Habt ihr das gelesen, dass zum Release des neuen Kem Trail Albums so ein Typ aus Werbezecken in den USA einfach mal Tetris durchgespielt hat? Im Hintergrund lief zweieinhalb Stunden 8-Bit Musik aus der Blechdose und flinke Finger fegten über die NES Konsolenknöpfe. Marketing Deluxe.

Leider hat man dann im Eifer des Gefechts völlig vergessen, die neue und alte Platte des eigentlichen Künstlers hervorzuheben. Kem Trail aus Hamburg hat nämlich eine feine LP herausgebracht, die auf der einen Seite sein 2022er Demo und auf der B-Seite neuen Scheiss aus diesem Jahr vereint, damit man Platz spart. Und Ressourcen, man ist ja woke.

Insgesamt 15 Lieder, ein paar Cover und Kooperationen inklusive. Außerdem lauscht man hier leicht verständlicher Gesellschaftskritik und Handlungsempfehlungen für den genervten Durchschnitts-Punk („Alles ist so scheiße, zum Beispiel das System“ "Sauf Dich voll"). Cool.

Toller Soundtrack für die nächste C-64 LAN-Party mit Ghosts ’n Goblins.

Rilrec. Auf Vinyl erschienen und im GHVC Shop zu erwerben für wenig Geld. Live zu bestaunen in 10 Tagen im Hafenklang. Ich spiele jetzt California Games durch.

Nunofyrbeeswax – Hablo Raro 12″

Ein bisschen lofi Garage Punk zur Auflockerung. Die Berliner Band mit dem lustigen Namen Nunofyrbeeswax kommt eigentlich aus Sevilla und singt auf Englisch. Und Spanisch. Internationaler Gute Laune Quietsch Quatsch mit einer achtjährigen Erfahrung, die man nicht unbedingt heraushören kann. Aber das ist Teil des Charmes. Sehr schön.

Andalucia Über Alles. Auf Vinyl erschienen. Passt zu einer leckeren Currywurst Paella.

Class – A Healthy Alternative LP

Ich war gestern so müde vom stressigen Wochenende, dass mir mein Gehirn heute Nacht eine Portion "Jetzt fallen mir alle Zähne aus" mit "Zurück in die Schule, Du musst noch mal Deinen Abschluss machen" spendiert hat. Puh, war ich froh, als der Wecker gerade geklingelt hat und ich mich endlich wieder mit meinen schiefen Zähnen in den Berufsalltag knien durfte. Danke.

Apropos Schule. Class haben mal wieder ein neues Album herausgebracht. Ich glaub, seitdem ich das letzte Mal nach der Band aus Tucson in Arizona geschaut habe, sind da schon ein paar Alben aus der kreativen Feder entsprungen. Na sowas. Die Cover werden zwar nicht hübscher, aber dafür ist die Musik komisch geworden. So mit Saxophon und Synthesizer und das steht der Band ausgezeichnet.

Richtig gutes Album für einen langen Tag im Bushäuschen, auf der Flucht vor dem Regen, die neuen Tanzschritte übend. Rock’n’Roll und Garage Glam. Power Pop und Proto Punk. Zusammengewürfelt und einen Pasch gehabt. Super.

Feel It. Auf Schallplatte erschienen. Während man im Englischen wie auch im Deutschen sagen kann, etwas habe Klasse, wenn man meint, etwas sei besonders, sagt man analog im Französischen dazu "Es ist der Fuß!". Keine Ahnung, ob das eine gesunde Alternative ist.

Misanthropic Minds / H​ä​peä – Split EP 7″

Ahh, Split Singles. Was für eine tolle Erfindung für die kleinen Möchtegern-Punker, die auf Konzerten verschwitzt in den Distro-Kisten der ortsansässigen Händler herumgrabbelten, um ein paar neue geile Bands kennenzulernen, ohne zu viel Kohle auszugeben. Also ich.

Was hab ich da nicht für tolle Sachen gefunden. Born Against haben tolle Split Singles gehabt. Oder die Splits auf Dirtnap, die waren auch nett.
Irgendwelche Leute haben dann immer versucht, einen Gewinner von der Split zu ermitteln, weil es im Leben nichts gibt, wo Wettbewerb keine Rolle spielt. Ganz schön arm. Naja, wir sind ja unter uns Hippies hier und finden alles dufte.

Misanthropic Minds aus Kanada sind genauso BallaBalla wie Häpeä aus Finnland unterwegs zum Beispiel. Beides erstklassiger Hardcore Punk mit ordentlich Scheppern und Quietschen und Schreien, dass es eine wahre Freude ist. Beide Bands liefern 3 kurze Knaller ab, die aber ausreichend transatlantische Energie versprühen, um den gesamten Freitag noch im Büro auf einer Arschbacke abzusitzen, damit man besser furzen kann. Geiler Scheiß.

Sewercide Records. Auf 7″ am 3. Oktober erschienen. 350 schwarze Scheiben. Keine Spielerein, keine Farben, einfach ne Split Single. So wie früher. Misanthropic Minds sind die Gewinner. Nee, stimmt nicht. Häpeä. Hm.

Crime Waves – II (Demos & Outtakes) CD

Na sowas, manche Synth Punk Garage Bands haben am Ende der Probestunde noch so viele tolle Demos und Outtakes übrig, die allesamt besser klingen als der meiste Kram, den ich auf meinem Keyboard im letzten Jahr zusammengeschraubt hab. Frustrierend.

Aber man muss auch einfach neidlos anerkennen, dass Crime Waves mehrere Händchen für eingängige Melodien hatten und diese nun zum Glück posthum aus dem Archiv ausgebuddelt wurden. Also die Händchen. Ach, egal.

Ein paar Garage Punk Hits, ein paar Synthies und dazu eine Prise Cover Songs aus dem Proberaum der Samstagabendparty und fertig ist das schwedische Gartenhäuschen. Sehr schön.

Helevete’s Kitchen. Auf CD erschienen. Haha. CD. Macht doch, was ihr wollt.

Rowdy – S/T LP

Rock’n’Roll! Rowdy aus dem großen und weiten Texas sind die etwas räudigere Variation von Romero aus dem großen weiten Australien.

Richtig tolle Melodien, großartige Sängerin, gerade genügend Knarzen aus den Verstärkern – kurz vor Fuzz, kurz nach verzerrt – und ordentlich schepperndes und klatschendes Schlagwerk. Super Platte von den Leuten, die man vielleicht aus Goldie Dawn oder den Hex Dispensers kennt.
Mit dem Namen werden sie auf den Straßen und in den Bars in ihrem Heimatstaat gewiss nur auf 12 Millionen gleichnamige Bands treffen, die von Country über Metal bis Electro-DJ jedes Genre bedienen. Vielleicht sollte man doch mal anfangen, diesen vermeintlich individuellen Bands einfach Nummern zu geben. Schaut euch Blink oder Sum an. Höhö.

8 Songs, Cover ist farblich mit der Jahreszeit abgestimmt und mit dieser wunderbar eingängigen Mischung aus Power Pop, Rock’n’Roll und Glam kann man wunderbar das Laub auf der Straße wegblasen. Cool.

Drunken Sailor. Rote und schwarze Platten im Angebot. Im Gegensatz zu Romero bringen Rowdy direkt ihre durchschnittliche LP heraus, um dann erst die Hit Single mit zwei sehr starken Songs zu veröffentlichen. Ha.

Pooched – Pooched / Tercel LP

Bevor der Sommer komplett zu Grabe getragen ist und das Wetter mir nur noch ungemütlich matschigen Post Punk und gemütlich warme Marshmallows in die Gehörgänge drückt und meinen Geschmack verklebt, muss ich schnell noch eine Überdosis sonnigen Pop Punk in Schokolade dippen und durch die Pauken- und Trompetenröhrchen am Trommelfell vorbei in den Hippocampus schieben.

Wieso dann nicht gleich einfach zwei Alben zum Preis von einem, damit es sich auch lohnt? Pooched aus Victoria in Kanada haben zwei Alben irgendwann in den letzten 5 Jahren aufgenommen und digital veröffentlicht, aber jetzt tatsächlich bemerkt, dass die einzeln zu kurz für ne LP und zu lang für ne Single sind. Also packen sie beide zusammen und veröffentlichen das auf zwei Seiten einer 12″ Schallplatte. Nett.

Poppiger Skate Schrammel Core zum Wackelpudding lutschen und Kaugummi kauen. Cool.

Bloated Kat Records. Auf buntem Vinyl im November verfügbar. Von unserem Freund Greg in Oakland gemastert und recht enthusiastisch vom Label beworben:"Should be shipping Early November. I’ve never heard that band, but I bet they suck."

Cosey Mueller – Soft Core LP/CS

Unterkühlt und knitterfrei kommt der Berliner Synth Post Punk aus dem Atomschutzbunker heraufgeweht und vernebelt mit 40 Jahre alten Sounds und dem Duft von modriger Herzwärme die kühlen Nebelschwaden der Götterdammerung. Guten Morgen.

Cosey Mueller liefert mit ihrem dritten Release eine wunderbare neue Portion aus der unentspannten und nervösen Genreecke, die als Softcore bezeichnet wird, aber irgendwie teilweise härter rüberkommt, als der Berliner Winter.

Grauer Coldwave und bunte Pillen zum Frühstück. Hallo Herbst.

Static Shock. Auf limitiertem Vinyl und limitierter Kassette und nicht limitierten Vinylschallplatten am Tag der Deutschen Einheit erschienen. Anachronistischer Elektrotanz für ganz Deutschland aus der Hauptstadt. OK.