Martha – Heart is Healing

Ich hatte mal eine Klassenkameradin, die Martha hieß. Das war in der 10. Klasse und damals wohnte ich noch aufm Dorf, wie man so schön sagte. Deswegen musste ich auch immer eine etwas längere Busfahrt in die Stadt/Schule auf mich nehmen und währenddessen die ganzen anderen Kinder von den Landkommunenhippies ertragen. Da es sich bei diesen Busladungen meist um Kinder handelte, die auf sogenannte weiterführende Schulen gingen, war auch der Asi-Faktor nicht so hoch, wie man das aus "Problemvierteln" von irgendwelchen Städten kennt. In diesen Bussen kam quasi die geistige Elite von morgen, also heute, zusammen. Und Martha.
Was für perverse Eltern geben ihrem Kind so einen Namen? Vielleicht ist das heute süß, aber vor 40 Jahren klang der Name alleine schon nach altbackener Häkeldeckenromantik.

Als ich Martha zum ersten Mal im Bus erlebt habe, kam mir sofort ein Wort in den Sinn, das sich noch nie bis zu dem Zeitpunkt von irgendeiner Relevanz in meinem Hirn präsentiert oder gar manifestiert hatte: Trampel, genauer: Bauerntrampel. Auf einmal war dieses Wort da. So, wie ein Lexikoneintrag mit passendem Bild hatte ich auf einmal das Wort "Bauerntrampel" verstanden. Martha war laut, rüpelhaft, etwas unkoordiniert in der Steuerung ihrer leicht zu lang geratenen Gliedmaßen und lachte viel an den falschen Stellen. Ich war begeistert und schockiert.
In der Schule hatten wir keinen Kontakt, ich war an Zigaretten und Punk Rock interessiert, sie nicht.

Keine Ahnung, was sie heute macht. Vielleicht hat sie den Hof ihrer Eltern übernommen? Wo immer sie auch ist, ich hoffe, es geht ihr gut.

Discogs – Aufstieg und Fall in der Gunst eines Nutzers

Discogs! Die fast schon zwanzig Jahre alte Webseite hat sich in den letzten 10 Jahren zu der meistbesuchten Plattform für Musikliebhaber/Nerds und Sammler gemausert, wenn man den nicht ganz so genauen Statistiken Glauben schenken mag. Und das auch irgendwie zurecht, denn mit der Idee einer vollständigen Online-Datenbank von Tonträgern aller Musikrichtungen hat man – gerade was Vinyl angeht – bei dem Hipster-Zeitgeist offene Türen eingerannt. Ok, zunächst war das alles anders und der Gründer Kevin Lewandowski (habt ihr auch zwei hässliche Fußballer vor Augen? Haha) wollte eigentlich bloß seine eigene Plattensammlung online katalogisieren. Das fanden viele Leute ganz prima und so wurde Discogs zu einer öffentlichen Seite, die durch ihre Nutzer und deren Input stetig wuchs. Zunächst wurden Diskografien von Künstlern eingetragen, die nur ein einziges Genre – elektronische Musik – bedienten. Dann kam Hip Hop hinzu und nach und nach wuchs die Datenbank durch die Fleißarbeit der vielen Discogs-Nutzer an.
Heute hat Discogs fast 400.000 Nutzer und die Datenbank umfasst mehr als 9 Millionen Tonträger. Das ist alles ziemlich cool, wie ich finde. Ein System, das von einer Vielzahl von Nutzern aufgebaut und kontrolliert wird, erfüllt so seinen Selbstzweck: die vollständige Diskografie von Labels und Bands mit allen offiziellen und inoffiziellen Releases in all ihren Variationen.

Wer hat Angst vor dem schwarzen Band?

Neulich hab ich eine Meldung gelesen, dass die Verkäufe von Audiokassetten im Jahr 2017 um 35% gestiegen sind. 35 Prozent! Man hat wohl im Jahr 2016 ca. 129 000 Stück verkaufen können und im letzten Jahr nun 174 000. Das behauptet zumindest die verlässliche Quelle des Hollywood Reporters. Hä? Fragt ihr euch jetzt, warum der bekackte Hollywood Reporter auf einmal eine Quelle für musikrelevante Themen ist?

Ja nun – der Grund für diesen rasanten Anstieg der Verkäufe sind die Soundtracks von Serien und Filmen. Vor allem der Soundtrack zu den beiden Teilen von "Guardians of the Galaxy" wurde im Jahr 2017 zum Kassenschlager, oder besser zum Kassettenschlager, haha. Auf den ersten drei Plätzen der Verkaufscharts für Audiotapes halten also die Hüter der Galaxie Wache (*). Auf dem vierten Platz mit 3000 verkauften Kassetten folgt dann auch schon der Soundtrack zu der Serie "Stranger Things".
Und daran kann man auch schon erahnen, warum ausgerechnet diese Musik auf Kassetten so beliebt ist – Das Ambiente von "Stranger Things" ist ja sowas von in den 80er Jahren angesiedelt, dass man vor lauter Referenzen fast nicht mehr der Story folgen kann. Und da passt natürlich das Medium der Kassette ziemlich gut mit rein – zugegeben auch die Schallplatte, die natürlich ebenfalls verkauft wird (anderes Thema). Denn das echte "Stranger Things" Feeling kommt natürlich nur mit einem Relikt aus den 80ern so richtig gut. Sei’s drum. Nur, wer hört sich das eigentlich komplett an? Die Titelmelodie, ok. Aber den ganzen Rest? Nun ja.

Ja, mir san mit’m Radl da

Sowas nennt man dann wohl Beschäftigungstherapie. Nachdem Ryan Young, Sänger und Gitarist von den allseits beliebten Off with their Heads, erst mal ne kleine Zwangspause für die Band verhängt hat, widmet er sich zahlreichen anderen Dingen. Da wäre zunächst mal sein Podcast, Anxious and Angry, in dem er unterschiedliche Leute aus dem Punk Rock Business interviewt und den ich hier ja nun auch schon öfters aufm Dings hatte. Dann hat er angefangen, aus diesem Anxious and Angry auch ein Modelabel zu machen, wo er seine T-Shirts und son Kram verkauft. Außerdem läuft unter dem selben Namen jetzt auch sein eigenes Record Label an, auf dem das Debüt von der aus New Orleans stammenden Band Pears erscheinen wird. Könnt Ihr auch schon hier vorbestellen. Aber das reicht wohl alles nicht, immer nur rumsitzen und quatschen und Shirts entwerfen und sich mit Plattenpresswerken und Artwork-Fuzzis am Rechner rumschlagen, da kriegt man ja einen dicken Arsch von.

Also hat er sich seinen Kumpel Brad Lokkesmoe von Dear Landlord und Gateway District geschnappt und will mit ihm zusammen im September von Minneapolis nach Denver aufm Fahrrad fahren. Das sind laut Routenplaner ca. 1500 Kilometer…also ungefähr von Berlin bis ans Mittelmeer. Respekt. Damit das Ganze aber auch noch einen tieferen Sinn ergibt, machen die beiden das für einen guten Zweck und sammeln Kohle für eine gemeinnützige Organisation, namentlich Save.org. (Suicide Awareness Voices of Education). Und damit dieser schöne Plan auch wirklich in die Tat umgesetzt wird, brauchen die beiden erst einmal ein gewisses Startkapital und darüber hinaus natürlich Spenden, die sie dann an Save.org übergeben können, wenn Sie diese Tour überleben. Auf Indiegogo haben sie deswegen eine Kampagne gestartet, bei der Ihr für diese feine Sache spenden könnt. Das vorerst angestrebte Ziel liegt bei $1.000 und wie immer bekommt man auch neben dem Gefühl, etwas Gutes getan zu haben, ein paar nette Kleinigkeiten zurück, wenn man diese Kampagne unterstützt. Für $20 bekommt Ihr beispielsweise eine Postkarte von den beiden aus der Stadt, wo sie grad lang radeln. Für ein bisschen mehr ($25) sogar ein Geschenk von ner Tankstelle. Und so weiter…
Falls Ihr noch Fragen habt, Ryan erzählt Euch den Kram selber noch einmal.

Every Noise at Once

Heilige Scheiße, da hat sich aber jemand Mühe gemacht! Glenn McDonald, der sich wohl hauptberuflich bei Echo Nest herumtreibt, hat eine Seite an den Start gebracht, die Euch endlich jedes (!) Musikgenre eindeutig von anderen abgrenzen lässt. Das klingt unmöglich? Ist aber durchaus gelungen und der Slogan des Arbeitgebers von McDonald "We know Music" scheint tatsächlich nicht ganz so weit hergeholt zu sein.
Bei Every Noise at Once kann man sich nicht nur über 1000 Musikgenre ansehen – die Landkarte ist zugegebenerweise ein bissel unübersichtlich – man kann sich auch zusätzlich zu jedem Genre einen passenden Song (naja, 30 Sekunden Snippet von Spotify) vorspielen lassen. So ist zum Beispiel nach einem Klick auf das Genre Post Hardcore der Song Repeater von Fugazi zu hören. Das geht ja schon mal in Ordnung, würde die Punk Rock Academy sagen. Und dass Terrorgruppe’s Mein Skateboard ist wichtiger als Deutschland für German Punk stehen, ist auch irgendwie richtig, oder? Doch damit nicht genug, mit einem Klick auf die Pfeile erhält man einen weiteren Überblick über andere Bands, die zu diesem Genre zählen. Coole Sache.

Natürlich stimmen da nicht alle Schubladen mit jedermanns Geschmack überein, aber für so seltsame Sachen wie Qawwali oder Deep Psytrance ist es für mich zumindest interessant, was das für komischer Kram ist. Und überhaupt, die ganzen Metal Richtungen hab ich ja komplett aus den Augen verloren, die es heute so gibt. McDonald sagt selber über seine Seite:

This is an ongoing attempt at an algorithmically-generated, readability-adjusted scatter-plot of the musical genre-space, based on data tracked and analyzed for 1215 genres by The Echo Nest. The calibration is fuzzy, but in general down is more organic, up is more mechanical and electric; left is denser and more atmospheric, right is spikier and bouncier.

So findet Ihr Euch da auch ein bisschen besser zurecht. Ich klick mich da jetzt mal für den Rest des Tages durch. Abgefahren…

Punk Rock Radio

HP Logo MFKIch hab das schon mal erwähnt, aber hier hört ja niemand zu. Früher hab ich mit Oli zusammen Radio gemacht. Dann nicht mehr. Und heute Abend zum letzten doch noch mal. Wir nannten es Mittelfingerkolleg.
Falls Ihr heute ab 21.00 Uhr Lust auf ein bisschen bessere Unterhaltung als die Wiederholung eines Tatorts habt, dann schaltet doch mal das Hochschulradio Aachen ein (99,1). Oder nutzt den Stream, Ihr hockt doch sowieso vorm Rechner. Und wenn Ihr über die bekackten Wahlergebnisse sinnieren wollt, braucht Ihr ohnehin einen guten Soundtrack dazu. Hm, vielleicht sollte ich ein paar Grindcore Sachen mitnehmen. Naja.
Es gibt ganz viel Punk Rock und ganz wenig Unterricht – is ja Sonntag.

 

Punxelated #2

Manchmal passen zwei Dinge so wunderbar zusammen, dass man sich das Eine nicht mehr ohne das Andere vorstellen kann. Zum Beispiel Kaffee und Zigarette, oder Kino und Popcorn, oder Kacken und Lesen. Zum Glück gibt es für letzteres endlich wieder Nachschub…

Der Bonner Weltenbummler Marc Gärtner hat in diesen Tagen seine zweite Ausgabe von Punxelated herausgebracht. Ein Photo Zine, das sich wunderbar auf dem Klo lesen lässt, muss man doch für das Anschauen von Bildern oft nicht so wahnsinnig viel Konzentration aufbringen.

Wie gut Marc fotografiert, konnte man schon im ersten Teil bewundern, der im letzten Jahr erschien oder auch auf seiner Seite, auf der mindestens 100 000 Fotos zu bestaunen sind. Da kann man auch nach Bands sortieren und so. Sehr cool! Jetzt also eine neue Hochglanzversion von 48 Punk Rock Bands auf 56 Seiten. Unter anderem wurden abgelichtet: Night Birds (Cover), Screaming Females, Off with their HeadsRancidMasked Intruder, Mikey Erg und Antitainment.

Die zweite Ausgabe von Punxelated könnt Ihr hier bestellen und auf Euer Klo legen. Ich kontrolliere das dann nächstes Mal, wenn ich da bin…

Statistik der Plattenverkäufe auf Amazon

AmazonVinylInfographicsHigh-730x1403Schaut mal, eine Infografik. Interessant, fast alle Genres erfahren einen Zuwachs an Verkäufen seit 2004. Aber Dance hat einen erheblichen Einbruch von 15% hinnehmen müssen. Skandal. Und Urban hat ebenfalls stark eingebüßt, so ein Ärger. Da muss was gemacht werden, Leute!

Ansonsten ist die Statistik so langweilig, wie man sich das vorstellt. Interessant wäre zu wissen, wie viele Platten insgesamt in Deutschland verkauft werden und wie viele davon bei Amazon bestellt sind. Dann könnte man diese Infografik mal besser auswerten. Wer bestellt eigentlich überhaupt regelmäßig Platten bei Amazon?

Naja, vielleicht ist der Kram ja für irgendjemanden interessant (5 Iron Maiden LPs in den Top 20 diesen Jahres), der Rock hört.

Stay Home Read a Book

Mir ist grad aufgefallen, dass ich total unbelesen bin. Zumindest was Bücher in englischer Sprache angeht. Also vor allem bei den Titeln. Ich hab da nämlich so einen Test nach einer Idee von Project Gutenberg gemacht, bei dem man anhand der Word Cloud tippen soll, um welches literarische Werk es sich handelt.

The 150 most common words in each text is shown, with the size of the word representing its frequency in the text. Common English words DO NOT APPEAR.

Aber selbst wenn man die Hauptdarsteller in der Wortwolke erkennt, muss einem noch der englische Titel des Werks in den Sinn kommen. Ist mir schwer gefallen. Mein Ergebnis verrat ich nicht. Ich mach dann lieber das Quiz mit den Covern der Bücher, da muss man nur Bilder erkennen und nichts lesen.

 

Steve Albini Interview

Vor 3 Monaten hatte ich mal erwähnt, dass es bald ein neues Shellac Album geben soll. Das hatte jedenfalls auch der Gitarist und Sänger der Band, Steve Albini, in einem Interview so gesagt. Jetzt sagt er das Gleiche noch mal, allerdings sind inzwischen schon die Testpressungen der neuen Alben auf dem Weg zu den Bandmitgliedern. Und das Artwork scheint so gut wie fertig zu sein. Dann dauert das ja jetzt wirklich nur noch 3 Monate, bis das Ding erscheint. Hurra!

Außerdem erzählt der Produzent Albini in dem aktuellen Interview mit Vish Khanna,  wie sein Verhältnis zu Kurt Cobain so war und die Aufnahmen zu In Utero liefen. Das Album feiert ja jetzt seinen 20. Geburtstag und wird mit viel Brimborium wieder veröffentlicht. Über das nie erschienene Fugazi Album, das in Kooperation mit Albini eingespielt wurde, hatte ich neulich schon die Meinung von Ian MacKaye hier veröffentlicht. Jetzt redet auch der Produzent mal über diese Zusammenarbeit. Und Herrn Albini ist Breaking Bad egal. Schockierende News! Hörts Euch an!