Rider/Horse – Matted LP

"Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?" Ich nicht. Kann ich gar nicht und Pferde find ich auch eher doof, aber die Post Punker aus dem Hudson River Tal in Kingston, New York scheinen sich stark für die Fortbewegung auf Rheinischem Sauerbraten-Material zu interessieren. Könnte man zumindest annehmen, wenn man sich Rider/Horse nennt.

Aber viel Hufgetrappel kann ich da auf der dritten LP der Band nicht heraushören, das ist vielmehr eine großartige Mischung aus Versatzstücken von musikalischer Kakophonie und wohliger Soundekstase. Also in guten Momenten so wie Les Savy Fav und in schlechten Momenten ein bisschen nervig wie Deine Mutter. Cooler Scheiß.

ever/never records. Auf LP vor ein paar Tagen erschienen und zusammen mit den ersten beiden Alben für insgesamt nur 40$ zum Schnapperpreis. Oder einzeln für 20. Oder digital für 10. Hälfte Hälfte Hälfte. Wiehher bitte?

Dead Years – Night Thoughts LP

Irgendjemand hat mal behauptet, das zweite Album sei das schwierigste für eine erfolgreiche Band. Ähnlich wie bei einem Fußballclub, der zuächst eine sensationelle Saison spielt und im zweiten Jahr total abkackt. Nee, völlig falsche Analogie. Ach, egal.

Zum Glück schwimmen Dead Years aus Bielefeld in den unterirdischen Gefilden der Musik-Kommerz-Industrie und können sich von solch banalen Dingen wie Erfolg oder Standards freimachen. Ich höre jedenfalls keinen großen Unterschied zum ersten Album, das vor zwei Jahren erschienen ist. Und warum auch? Die Labels sind dieselben, die Band ist noch nicht nach Berlin gezogen und das Trio muss noch immer in der banalen Region von Ostwestfalen-Lippe seine Depressionen in schwarzen Klamotten und düsteren Liedern auf die Straße tragen.
Das kann man in den ersten beiden Songs des neuen Albums schon sehr gut heraushören – auch hier sind düstere Post Punk Motive vorherrschend und die Band klingt desöfteren so, als ob sie jemandem vorspielen solle, wie eigentlich diese Hysterese einst geklungen haben. Das ist nicht schlimm, das klingt toll. Und fairerweise muss man anerkennen, dass Dead Years eine Person weniger zur Verfügung für den Sound haben, als die Tübinger einsetzen konnten.

Hier ist ein sehr rundes Album auf einer sehr runden Schallplatte entstanden, das mit dem prima Debüt locker mithalten kann und nicht nur zu schaurigen Gedanken des Nachts über seine verschwendeten Jahre einlädt, sondern auch einfach wunderbar tanzbar ist, wenn man die Negativität in heftigen Bewegungen abschütteln kann. Toll.

Dirt Cult (USA) und My Ruin (DE). Erscheint Anfang Februar und dürfte schon früh im Jahr bei manchen Leuten auf den Best-Of Listen von 2024 landen, wenn die Band nicht im Laufe der nächsten 11 Monate unter dem Radar verschwindet. Also Leute, stellt euren Radar ein und besucht ein Konzert der Band. Ihr werdet nicht erraten, welcher Song von welchem Album stammt. Wetten?

Gentilesky – S/T LP

Na, fastet Ihr auch fleißig? Auf was verzichtet Ihr denn nun bis Ostern? Alkohol? Schokolade? Social Media? Pornos? Fern….boah ist das langweilig. Braucht Ihr echt einen Tag im Jahr, um lustig zu sein und dann einen anderen, um über Euer Konsumverhalten nachzudenken und gegebenenfalls etwas davon einzuschränken? Aber nur für ne Weile, ne?

Hat der "Markt" sich da eigentlich schon etwas zu ausgedacht, wie man daraus Kapital schlagen kann? Gibt es "Fastenwurst (extra lang – 3 Meter bis Ostern") oder so Zeugs? "Wenn Sie jetzt 3 Gemüsesäfte bestellen, erhalten Sie dieses halbe Schwein gratis dazu". Puh. Religion ist echt bescheuert.
Gentilesky kommen aus Italien und machen ganz fantastischen Post Punk, der bei manchen Stellen wunderbar an ein paar Dischord Hits erinnert. Das Debut erscheint diesen Sommer bei Hozac Records und jetzt kann man schon einmal 3 von 9 Songs hören. Wenn man will, kann man auch das digtitale Album bereits vorbestellen für 999$. Oder bei der Band selber einen Song digital kaufen für 1000€.

Ich glaub, ich warte auf die Platte.

Apropos, wusstet Ihr, dass Religion das einzige Schulfach ist, das im Grundgesetzt verankert ist? In einem säkularen Staat? Hätte man ja auch so Sachen wie Deutsch oder Mathe reinschreiben können, aber drauf geschissen. Deswegen fasten die Leute jetzt auch 40 Tage, weil Jesus. Man hätte ja auch 40 Tage lang gemeinsam über etwas beraten können oder vielleicht eine neue Sache lernen können. Aber nöö, wir verzichten auf Leberwurst, weil Jesus. Ugh.

Splizz – S/T CS

Haarspalter aus der Hauptstadt machen anachronistische NDW bis Darkwave Punk Musik mit sympathischen Texten und ohne Verzerrer. Das hat jetzt nicht unbedingt Nachrichtenwert. Da gibt es bestimmt noch eine andere oder 14 Bands, die das in den Kellern der 12 Stadtteile Berlins bei Pfeffi und Kindl ausprobieren.
Aber niemand erzeugt dabei eine solch schöne Mixtur aus trauriger Heiterkeit wie die Mädels und Jungs von Splizz. OK, man könnte dazu natürlich auch "Soundtrack zu manischer Depression" schreiben, aber so ist das halt, wenn man jung ist und in einer hippen urbanen Umgebung mit Haar- und Alltagsproblemen zu kämpfen hat.

Schöne 10 Songs zwischen Monarchie und Alltag, Feudalismus und Anarchie, Party- und Katerstimmung. Das ist jetzt das erste physische Release auf Kassette, für das auch schon ältere Songs verwurstet (vegan) wurden, die bereits auf dem 2019er Debüt erschienen sind. Macht nichts. Schmeckt immer noch.

Phantom Records. Die Band scheint eine Vorliebe für das Doppel-ZZ zu haben. Nicht nur Bandname, sondern auch der Song "Bizzy" schmückt sich mit dem Doppelkonsonanten. Man hat hier allerdings eine Gelegenheit verpasst, ein Konzeptalbum zu veröffentlichen. Pizza, Puzzle, Scheizze, etc. Naja – nächstes Mal.

Villages – Excessive Demand LP

Post Punkiger wird es heute nicht mehr. Villages aus dem unheiligen Dreieck zwischen Dresden, Leipzig und Halle haben ein neues Album aufgenommen und zaubern dabei mit ein paar düster bis atmosphärischen Teppichen aus Synthesizern und Gitarren eine passende Grundlage für die schrägen bis eingängigen Rhythmen der Schlagzeug- und Percussionfraktion. Auf dem kühlen bis wohligen Belag breitet sich dann der Gesang wie eine wärmende bis zierende Decke aus.
Hä? Hört selbst –>

Bei It’s Eleven Records und Pike Records auf gelbem Vinyl erschienen und gut von bis jetzt.

Onlooker – Total Rest LP

Na, endlich mal wieder eine Post Punk Band aus England, mit der ich etwas anfangen kann!
Onlooker aus Teesside im Nordosten des Landes suhlen sich erfrischenderweise nicht in Langeweile und einem arty farty Geplänkel, der beweist, dass sie auf der Kunsthochschule auf dem Klo gekokst haben und nun über alle Dinge erhaben sind. Nee.
Die vierköpfige Männerbande lässt vielmehr den Einflüssen aus meiner Jugend freien Lauf und rührt hier eine elegante Mixtur heran, die sich aus 70er Wire, 80er Pixies, 90er Fugazi und dem besten von heute zusammensetzt. So etwas ähnliches behauptet zumindest das Label und da will ich mal nicht streiten. Lecker isses ja allemal.

Das einzig arty fartyge an diesem Release ist das bekloppte Cover, für das der "Künstler" wahrscheinlich länger als 2 Minuten gebraucht und das auch noch tieferen Sinn hat. Hm, ich bräuchte da wohl einen Abschluss von der HBK und/oder einen Rollkragenpulli, um das wertzuschätzen.
Aber schlussendlich geht es ja um die Musik, und wenn 3/13 gut sind, ist die Wahrscheinlichkeit doppelt so hoch, dass 13/13 auch gut ist – alte Bauernweisheit aus der Stadt.

Nach zwei EPs hier nun ihre Debüt LP, von der man bereits 3 Songs hören darf. Das ganze Ding erscheint dann Ende Februar bei Serial Bowl Records in England auf einer hübsch bunten Schallplatte.

Fun Fact: Teesside ist eine Konurbation. Und ich war heute-Tage-alt, um zu lernen, was zur Hölle eine Konurbation ist. Spoiler: Eine Siedlung aus mehreren Stadtkernen. OK.

Halfsilks – Cupid Operations CS

Neulich aufm Flohmarkt hat mich ein etwas untersetzter Herr in seinen 50ern über die beste Ein- und Verkaufspolitik aufgeklärt. Keine Ahnung warum, ich hab nicht danach gefragt. Wahrscheinlich stand ich zu lange vor seinen Kartons mit Bowie LPs und hab "Hallo" oder "Hmpf" gesagt. Meine Schuld also.

Auf jeden Fall sammelt der Typ jetzt Schallplatten von Udo Lindenberg, damit er davon bald profitiert, wenn der Sänger stirbt. Hat mit den Bowie Platten auch funktioniert, meinte er. Feiner Kerl.
Vielleicht sollte man einfach bei ein paar Künstlern nachhelfen, hatte ich dann vorgeschlagen. Warum nicht einfach jetzt alle Platten von Xavier Naidoo kaufen und dann nach Mannheim fahren und den Typen abknallen? Hahaha haha haben wir gelacht. Naja.

Hier, Halfsilks aus Berlin machen so angenehm seichten Elektropop, den ich von Zeit zu Zeit gegen das Schlechte in der Welt einsetze, wenn mehr aggressive Musik nicht mehr als Schutzschild hilft. 9 schöne Songs, getragen von einem ganz zauberhaften Bass, dessen Spiel jedes Abdriften in die Langeweile oder Eintönigkeit der Lieder wunderbar zu verhindern weiß.
Ein bisschen Synthesizer, weil Berlin und ein bisschen mehrstimmiger Frauengesang, weil toll und dazu ein bisschen Ladidadeldumm auf Englisch, weil das auf Deutsch alles NDW wäre und so ist es Post Punk, haha.
Erschienen bei Kitchen Leg Records. Auf Kassette, natürlich.

Das ist ja auch jetzt keine neue Idee. Man kann ja inzwischen à la "Deadpool" auf den Tod verschiedener Promis wetten, da hat doch bestimmt der eine oder andere Typ schon mit Epstein ein paar Bitcoins verdient, hihi.

Beige Banquet – S/T 10″/CS

Huch, heute ist ja Freitag der 13. ! An so einem Tag fällt mir immer wieder auf, dass ja Wochenende ist wie wenig Horrorfilme ich eigentlich gesehen habe. Das kann man an einer Hand abzählen, während man auf die feine englische Art "Du kannst mich mal" signalisiert. Halloween I und II. Und die hab ich auch nur wegen des Soundtracks gesehen. Naja.

Apropos "feine englische Art". Beige Banquet aus London haben kürzlich ihre 10″ EP veröffentlicht und damit direkt Nachschlag zu ihrem Debüt Album von Anfang des Jahres serviert. Ein Stückchen Kirsche auf die Sahne der Torte.

Ganz feiner Post Punk, der nicht zu verkopft ist und noch genug Bauch hat, dass auch ich das kognitiv verarbeiten kann und mit gutem Gewissen zu dem 80er Jahre Drumcomputer Gedöns auf meiner Hollywoodschaukel schwingen und wippen kann.
Auf Vinyl bei Just Step Sideways in England und auf Kassette bei Mangel in Berlin erschienen. Die Qual der Wahl oder einfach digital.

Freitag der 13. kann maximal dreimal im Jahr passieren. Dieses Jahr allerdings nur heute. Falls ihr euch also etwas Pech vorgenommen habt, dann müsst ihr jetzt ein bisschen Gas geben. Schönes Wochenende!

Pyrex – Touch/Conditioner 7″

So. Und jetzt?
Was machen wir jetzt? Einfach so weiter wie bisher? Oder klammern wir uns vielleicht an den Irrglauben, die Politik könnte das alles noch ungeschehen machen?
Wie naiv kann man sein? Verschließt doch nicht die Augen vor der Realität, Freunde! Es geht doch wie immer nur ums Geld. Sprecht mit: "Ka-Pi-Ta-Lis-Mus". Genau.

Und wenn Messi nun bei Paris Fussball spielen will, dann kann da niemand mehr was dran ändern. Akzeptanz ist der erste Schritt zur Heilung. Oder zur Einsicht. Oder zur U-Bahn? Verdammt, wie geht das Sprichwort noch mal?
Ach, egal. Sitze gerade bei 45°C in Italien fest und kann mit einem lauten Pups das Teelicht vor mir zu einem Waldbrand entfachen, aber sonst ist alles gut. Apropos.

Pyrex aus Portland. Die sind aber mal sowas von gut. Hauen demnächst eine Single mit zwei Liedern raus und man kann davon schon mal die Hälfte hören. Die hat es aber in sich. Perfekter Post Punk Noise Rock. Nehm ich drei von.
Erschien digital vor ein paar Tagen und demnächst dann auf Vinyl bei Filth Pot Records in Portland. Cool!

Die Hitze macht einen fertig. Wenn man doch nur was gegen diese Hitze und Dürre und Feuer und Flut unternehmen könnte. Aber was soll man da schon machen..? Wählen gehen? Hahahahahahahahaha

Teaser…schon wieder

Wieder einmal trauen sich verschiedene Bands und/oder Labels nicht, vorab ihre gesamten Früchte der harten Arbeit unters Volk zu bringen. Man möchte lieber ein paar Appetithappen verteilen, um Lust auf Mehr zu generieren. Is ok, mach ich jeden Tag mit dem Abendbrot bei der Familie auch so. Ein Riesenspaß!

Pigeon – Deny All Knowledge Of Complicity LP

Ein toller Song von den Berliner Post Punkern, deren Namensvettern ich bei GTA IV allesamt abgeballert hab, und das erwähne ich hier nicht ohne Stolz. Die Musik von Pigeon ist immer noch großartige Unterhaltung aus der Allee Der Kosmonauten Ecke mit wunderbaren Bassläufen und super eingängigen Melodien aus Gesang und Gitarre. Bumm. Das zweite Album der Band kommt im Juni beim Berliner Label Adagio auf schicken 12″ Vinyl heraus und enthält wohl zusätzlich noch ein kleines Fanzine. Cool!

Leopardo – Malcantone LP

Mal was Anderes. Leopardo aus Freiburg in der Schweiz machen schon seit ein paar Jahren sehr interessanten Dudelkram in der psychedelischen Rock n' Roll Plüschsofaecke und ich kann das Ensemble ganz wunderbar gemeinsam mit einem Brocken Diazepam genießen. Jetzt kommt im Juni das neue Album unter anderem bei Feel it Records (USA) heraus und zu einem Song mit schöner Akkordfolge kann man schon jetzt beim Autofahren einschlafen. Ich freu mich drauf. Erinnert mich teilweise an Kay Kay & His Weathered Underground. Feine Sache.

Glöm Allt – När Värkden Försvinner

Ich hatte gerade noch ein paar Umlaute zu viel auf meiner Tastatur herumliegen. Glöm Allt aus Kopenhagen haben vor ein paar Tagen zwei Songs von ihrer LP als Teaser veröffentlicht und können mich damit schon einmal hinterm Ofenrohr hervorlocken. Weil ich eine Schwäche für skandinavischen Punk Rock hab. Warum eigentlich? Ich versteh kein Wort und musikalisch ist das auch relativer Standarkram. Aber geiler Scheiß, was soll ich machen. Hört euch an, wie Stina ihre Stimmbänder malträtiert und sagt, dass das nicht fantastisch ist. Echt mal. Keine Ahnung, wann die LP kommt. Aber bald.

Connie Voltaire – Suburbs EP

Zum Schluss noch eine komplette Cover EP, weil es so absurd ist. Connie Voltaire spielt hier einfach mal die gesamte EP der Suburbs aus dem Jahr 1978 nach, weil er es kann und weil es toll ist. OK. Erschien heute bei Another Label und zeigt mal wieder eindrucksvoll, dass es früher überhaupt kein Problem war, 9 Songs mit über 15 Minuten Spielzeit auf eine fucking 7″ zu pressen und kein Vinyl zu verschwenden. Ha!