Laxisme – S/T LP

Eine schöne neue LP von Laxisme aus Leipzig. Die Band hab ich vor einigen Jahren noch in Berlin verortet, weil ich sensationelle Recherchequalitäten aufzuweisen hab. Hinzu kommt, dass ich in meinem Kopf den Namen stets mit Laxismus in Verbindung gebracht habe und dementsprechende dachte, es sei lediglich die französische Übersetzung dieser seltsamen Moraltheologie, die besagt, dass man Gesetze schon als zweifelhaft betrachtet, wenn auch nur ganz schwache Gründe deren Geltung fraglich erscheinen lassen.

Also sowas wie ein Rauchverbot im Wartezimmer oder das Springen vom Beckenrand. Tatsächlich aber ist Laxisme laut Wörterbuch einfach nur die französische Übersetzung von "Laxheit", was ja wiederum sowas wie locker oder lasch bedeutet (vom lateinischen "Lax" für schlaff, schlapp, etc. kommend und nicht vom veganen Fischersatz). Ja. Da haben wir alle wieder was gelernt.

Und nebenbei gute Musik gehört, die sich genauso anhört wie auf der ersten Kassette. Viel Garage Punk mit abgehackter Gitarre ohne Verzerrung und mit Verzerrung und mit französischen Texten, einem Spagat zwischen poppigen Melodien aus den frühen 80ern und rotzigem Sound, der manchmal an die deutschen Shocks oder an französischen Oi erinnert oder an italienische Shitty Life. Hoch die internationale Solidarität. Tolle Platte.

Phantom Records. Auf Vinyl erschienen vor 2 Wochen und mit Anlauf vom Beckenrand zu springen ist ok.

Z.O.L. – Zwei Oktaven Langsamer CS

Ich könnte mir vorstellen, dass genau so vor 40 bis 45 Jahren ein ganzer Haufen an Garage- und Kellerbands in Deutschland geklungen haben. Wie schön, dass wir heutzutage an dieser Subkultur direkt teilhaben können.

Zwei Oktaven Langsamer oder Z.O.L. sind drei Leipziger Streuner, die im Musikunterricht nicht besonders gut aufgepasst haben und deswegen auch so wunderbar krumme Musik abliefern können. Der Roundhouse Kick mit Räuberleiter vom Cover visualisiert sehr charmant den Mix der 8 Knaller aus Lofi Schrammel Garage Punk mit viel Herz und Dosenbier. Cool.

Phantom Records. Auf Kassette erschienen. Achtung, Schulferien. Vielleicht ein bisschen weniger schreiben und ein bisschen mehr spielen. Bis denne.

Telesatan – S/T 7″

Oh je, die sind ja alle wahnsinnig. Telesatan aus Leipzig kommen mit ihrer neuen Single um die Ecke geschlichen und klingen darauf besessener von den Resten des umgegrabenen Dorffriedhofs als zuvor.

Garage Punk Rock’n’Roll für junge Christen aus dem gottlosen Vorort. Räudig instrumentiert, handgepickte Bibelstellen rückwärts zitiert und in (veganem) Hühnerblut gebadet.

Bester Soundtrack für das erste Bier am Sonntagmorgen in der Kirche. Ganz geil.

Phantom Records. Auf 7″ erschienen und mit knapp 10 Minuten auch lang genug für die Werbepause.

Hase – 14 Songs CS

In der schönen österreichischen Stadt Graz geht der Geist des Kommunismus nicht nur um, der sitzt dort seit 3 Jahren in der Person von Frau Kahr auf dem Thron und regiert mit eiserner Faust anderen bürgerlichen Parteien die Hauptstadt der Steiermark.

Da sollte man meinen, in der beschaulichen Stadt mit einer über 3000-jährigen Historie geht es gemütlich und gesittet zu. Aber nein, hier tümmeln sich junge Künstler und Punks, die nichts Besseres zu tun haben, als sich in ihrer elterlichen Garage zu treffen, ein paar Puntigamer zu trinken und krachigen Lärm zu veranstalten, den sie dann auch noch Musik nennen. Fantastisch. Dieser Hase (vegan) kommt an Weihnachten auf den Tisch.

14 Songs (ach was) in überschaubarer Länge dargeboten und mit schönen Texten garniert. "Deutsch im Geist" ist ein Hit. Cool.

Phantom Records. Auf Kassette erschienen. Ich frag mich immer, wie man sich bis zu 100 Songs überhaupt merken kann, wenn man mal live auftreten will als Hardcore Band. Die spielen ja nicht nur 15 Minuten, selbst das wäre das Album zweimal durchgeeiert. Oder spielen die womöglich immer den selben Scheiß und niemand merkt das?

Meat Shirt – Army Of Dolphins E.P.

Was zur Hölle ist ein Fleischhemd? Oder nennt man das in Frankreich so, wenn man nackig durch die Gegend läuft? "Schau mal, da sitzt Jacques in seinem Weindepot und der hat wieder nur sein Fleischhemd an, der Lümmel." Klingt nach einem recht infantilen Witz, aber was weiß ich schon von Humor.

OK, die Band aus Saint Brieuc hat hier auf dem Debüt 6 nette und teilweise mitreißende Songs der Marke Post Hardcore bis Punk Rock eingespielt, wobei die Betonung auf Rock liegt. Dabei überzeugt Meat Shirt den hungigen Hörer mit Titeln wie "Fish", "Sugar" oder "Army of Dolphins".

Sehr gut abgemischt, sehr gut gespielt, da kann man nicht meckern. Ein bisschen zu gut abgemischt, ein bisschen zu sauber gespielt und ein bisschen zu lange Songs. Da kann man schon mal meckern. Für Punk Rocker über 30. Aber gibt es heute noch andere? OK.

Phantom Records und Destructure Records. Einseitig bespielte 12″ LP mit hübschen Bildle drauf. Angeblich ist die "Armee der Delfine" inzwischen ja wieder aktiv und bewacht unter anderem den Krim-Hafen Sewastopol. Da sollte man dann nicht mit seinem Fleischhemd schwimmen gehen. Was für ne kack Welt, ey.

Parking Lot – My Life Is A Mess CS

Achtung Freunde, am Montag kommt der Superstreik! Absoluter Stillstand im gesamten Land. Wer mir das beste Video von Tumbleweed (Bodenläufer) aufm Aldi-Parkplatz schickt, bekommt eine Palette Karlsquell geschenkt.

Apropos. Auf Parkplätzen haben bei uns immer nur die Asis herumgehangen und ihre tiefergelegten und furchtbar bunten und lauten Freundinnen präsentiert. Wer cool war, saß mit uns im Baumhaus und hat Caprisonne ohne Strohhalm getrunken. Aber andere Seite von Deutschland, ne? Was weiß ich schon.

Aus Leipzig kommen offensichtlich ziemlich viele coole Leute. Schon wieder hat es eine Band aus der Szene der terrorverdächtigen Leipziger Kulturschaffenden geschafft, mit 12 abwechslungsreichen Liedern irgendwie die Mixtur aus lofi Surf und Punk und Post Punk zusammenzurühren. Parking Lot erinnert an Einiges, kopiert Vieles, passt zu allem. Cool!

Phantom Records. Erst einmal nur auf Kassette, aber angeblich kommt da noch Vinyl hinterher geschossen. Das mit der Caprisonne stimmt, aber war aus der Not heraus geboren, weil die scheiß Dinger immer abgefallen sind. Früher war auch nicht alles besser.

Splizz – S/T CS

Haarspalter aus der Hauptstadt machen anachronistische NDW bis Darkwave Punk Musik mit sympathischen Texten und ohne Verzerrer. Das hat jetzt nicht unbedingt Nachrichtenwert. Da gibt es bestimmt noch eine andere oder 14 Bands, die das in den Kellern der 12 Stadtteile Berlins bei Pfeffi und Kindl ausprobieren.
Aber niemand erzeugt dabei eine solch schöne Mixtur aus trauriger Heiterkeit wie die Mädels und Jungs von Splizz. OK, man könnte dazu natürlich auch "Soundtrack zu manischer Depression" schreiben, aber so ist das halt, wenn man jung ist und in einer hippen urbanen Umgebung mit Haar- und Alltagsproblemen zu kämpfen hat.

Schöne 10 Songs zwischen Monarchie und Alltag, Feudalismus und Anarchie, Party- und Katerstimmung. Das ist jetzt das erste physische Release auf Kassette, für das auch schon ältere Songs verwurstet (vegan) wurden, die bereits auf dem 2019er Debüt erschienen sind. Macht nichts. Schmeckt immer noch.

Phantom Records. Die Band scheint eine Vorliebe für das Doppel-ZZ zu haben. Nicht nur Bandname, sondern auch der Song "Bizzy" schmückt sich mit dem Doppelkonsonanten. Man hat hier allerdings eine Gelegenheit verpasst, ein Konzeptalbum zu veröffentlichen. Pizza, Puzzle, Scheizze, etc. Naja – nächstes Mal.

Bewältigungsstrategie

Oh. Wochenende.
Schon wieder? Das ging aber schnell. Da könnte man ruhig noch ein paar Stunden pro Woche draufschlagen, damit sich das mit dem Arbeiten gehen auch lohnt, sagt der Präsident. Prima Idee! Muss ja auch mehr Kohle rein für die Verdreifachung von allem.

Und sparen müssen wir auch, sagt der Minister. In Düsseldorf sparen die jetzt zum Beispiel mit Bikini-Oberteilen. Das ist doch ein Anfang.
Ich weiß ja nicht, was ihr so macht, aber ich schalte jetzt die Nachrichten aus und trinke Musik. Lemmy, sag doch auch mal was.

“Most people have to do that kind of job that they hate every day of their lives. Can you imagine what that must be like? You have to submerge your intellect completely, right, and just, y’know, che cha, y’know, and all that. So, at the weekend, they want to hear something that tears the heart out of ‘em and gives it back better.”

OK, Erquickend. In diesem Sinne…ab ins Wochenende.

Class – S/T CS

Sehr tolle Kassette von Class aus Tucson in Arizona, die irgendwo zwischen Punk und Garage Glam anzusiedeln sind. Ganz klassisch besetzt und auch ansonsten nicht so ultraspannend die Angelegenheit, aber einfach nur gute Musik zum Marmeladekochen oder Bierbrauen. Die Kassette mit den 5 Songs ist zwar schon ausverkauft, aber da kommt im August eine neue Fuhre bei Sorry State und anderen Labels. Wieso eigentlich nicht ne 10″?

Electric Chair – Act Of Aggression CS/LP

Diese Aggression läuft so nicht, Mann. Electric Chair mit einer neuen LP im Anflug, die jetzt erst einmal nur auf Kassette zu kaufen ist und digital mit einem kurzen Happen beworben wird, damit man Appetit bekommt. Na gut. Iron Lung empfiehlt, das Tape am besten auf seiner Boombox "at the spot" zu hören. Jetzt braucht man nur noch eine Boombox. Und einen Spot. Aber dann geht’s ab.

The Serfs – Is There An Exit?

Is there an Exit? Show me the Way! Bissl Synthie zur Verspannung muss ja auch zwischendurch mal sein. Die Elektro Post Punks von the Serfs aus Columbus in Ohio zaubern ein weiteres Schmakerl aus dem Hut hervor, das zwar keine gute Laune macht, dafür aber zum spontanen Gruppensuizid animiert. Naja, das kann auch nur meine Lesart sein, keine Panik. So funktioniert halt dieser Coldwave auf Dauer. Man wird depressiv. Is there an Exit? Show me the Way!

Lassie – Behold LP

Das Debüt Album von Lassie aus Leipzig ist alles, was man sich von einem tollwütigen Collie mit einem Faible für Werwölfe erhoffen kann. Eine großartige Mischung aus dem Jugendzimmer des Punk Rocks, mit Clearasil abgerubbelt und fettig gänzend steht da ein selbstbewusster Haufen Attitüde im Türrahmen und sagt Dir, dass Du kacken gehen kannst. Verpackt in 13 Songs, die sehr viel Spaß machen. Bei Phantom auf Platte erschienen. Toll.

Pigeon – Permanten Quest/Riged 7″

Zwei neue Stücke von Pigeon. Ihr wisst schon, diese Post Punks aus Berlin, die wahrscheinlich auch noch in zwanzig anderen Bands spielen und zu kurze Hosen tragen und mehr Espresso mit Koks trinken als gut für die Verdauung ist und wissen, wie man einen Risographie-Workshop abhält. Freaks. Aber nur so kann man zu so guter Musik finden. Natürlich bei Mangel erschienen.

Ok Satán – Master of Neglect CS

Garage Punk, wie er besser kaum geht. Druckvoll, ohne platt zu wirken, rotzig und asi, ohne peinlich zu sein und schlecht gelaunt, wie man es nur im Punk Rock herüberbringen kann. Beim Metal wäre das direkt furchtbar pathetisch und voller Drachen oder so. Und im Hip Hop wird zu schnell geschossen. Die Hippies beim Techno haben zu viele Drogen genommen, um zu wissen, was eigentlich schlechte Laune ist und wer bei Indie schlechte Laune hat, hängt sich direkt auf. Ok Satán bei Goodbye Boozy!

Zhoop – Cassingle

Endlich ein neuer Song für die Morgengymnastik. Das wurde auch Zeit. Oh. Sind ja zwei. Laufen die auf 45?

Martha – Please Don’t Take Me Back 7″

Indie Pop Gedudel mit Punk drin. Martha ist ein großartiger Fels in der Brandung aus seelenloser und langweiliger Kackscheiße. Immer wieder tolle Melodien, schöne Texte, unaufgeregt und überzeugend eingespielt, vorgetragen und Spaß gemacht. Kann ich oft hören. Auf Vinyl bei Specialist Subject erschienen. Durham, Alter.

The Battlebeats – You Don’t Know Me 7″

Zu guter Letzt noch was Frisches aus dem Hause Bottleneck Records. Der Garage Punker aus Indonesien hat 4 neue Songs alleine eingespielt und kann sich damit gerne zu Jay Reatard ins Grab legen, das passt schon. Vielleicht noch ein bisschen Heroin dazu und Nobunny zur Party einladen? Kann man ganz wunderbar noch im Delirium zu tanzen, Deshalb Rock’n’Roll never dies, weißte.

F.E.I.D.L. – Wödmusik CS

Ein neues Tape auf Phantom Records ist immer eine Erwähnung wert. Außer dem anderen, das heute erscheint. Das find ich ehr langweilig. Aber das hier, das neue F.E.I.D.L. Album, das kann man gut hören, auch wenn man kein Fan des Wiener Dialekts ist. Ich hingegen liebe diese großartige Spielart des Deutschen und das inhärent herablassende Uäghhh bringt im schrammeligen Punk noch mal eine ganz feine Prise an zusätzlichem Charme der Arroganz.
Dazu abwechslungsreiche Gitarrenpop Indie Punk Musik mit hoppeldipopp Rhythmen und diversen Zwischenrufen anderer Instrumente. Gut zum Tanzen oder aber zum Skateboardfahren. "Das Leben ist zu kuaz zum Longboardfoan". Haha. Toll.

Nach der schönen 7″ nun also das Debüt auf Kassette, weil die Vinylmanufakturen zu langsam sind.
Taschenmesser.

Fix – More Is More LP

Trash Punk Rock mit Hardcore Spritzern und Kuhglocke.
Klingt so, als hätten Dean Dirg einen Sommerurlaub auf dem Alm-Bauernhof gemacht und zu viel Heumilch geraucht/getrunken. Und das meine ich im positiven Sinne. Wie kann man das auch anders verstehen als positiv?

Hier wird die Gitarre im adretten Stakkato malträtiert, der Bass zuppelt munter im Hintergrund den Rhythmus für die fußwippenden Leute und das Schlagzeug hat ne Kuhglocke. Dazu mal auf Deutsch und mal auf Englisch vorgetragene Texte. Manchmal auch beides zusammen. Toll.

Wieder eine schöne neue Veröffentlichung von Phantom Records. Kann man sogar zusammen mit der 7″ der Band auf Vinyl kaufen.

Auf dem Album sind im übrigen 15 Songs inklusive Intro, zweimal Interlude und einem Outro verewigt worden. Ob das jetzt vom Spannungsbogen her so sinnvoll war, mag ich nicht beurteilen. Aber es ergibt wegen des Titels Sinn. Immerhin.