River Trash Records – Doppelte Ladung CS

Post aus Kanada kam den Rhein entlang geschwommen und ist schmuddlig versifft bei mir angespült worden.

Da stellt sich direkt beim ersten Hören die Frage: Wieso ist dem Punk Rock und vor allem auch dem Garage Punk eigentlich so eine unglaubliche Krachigkeit inhärent. Natürlich gibt es die glattpoliert produzierten Fat Wreck Sachen auch, aber das klingt ja irgendwann immer gleich und langweilig. Dennoch, warum erträgt man solch einen Lärm, der manchmal schon dissonant oder kakophon daherkommt? Ist ein Punk Rocker besonders geduldig und leidenserprobt, sodass er die Schönheit in Dingen findet, die anderen verborgen bleibt? Ist er masochistisch und will einfach durch die vertonten Glasscherbenhaufen laufen, damit er überhaupt etwas spürt? Oder ist es eine positive Gabe, den matschigen und krachigen Filter auszublenden und nur die darunterliegende Kraft der Musik zu empfinden? Oder ist es alles zusammen?

Hier könnt ihr auf jeden Fall eure Resilienz auf die Probe stellen und schauen, wie viel Punk in euch steckt. Zwei Releases von River Trash Records kommen mit einem suboptimalen Sound aus dem Kassettenrekorder gestürmt, der unter dem Deckmantel des Punk firmiert und alles kaputt scheppert, was in den Ohren noch brauchbar war. Zum Einen die Moron’s Morons aus Warschau, die ein fullminantes Konzert in Kyoto gespielt und freundlicherweise mit einem Walkman aufgezeichnet haben – pure Energie in eine grüne Kassette gekotzt und mit Drahtwolle runtergeschluckt. Geil. Und natürlich wieder mit einer Torte beworben – wie (fast) immer bei River Trash Records.


Zum Anderen eine Aufnahme aus dem Jahr 2017 von den Shitbots aus Winnipeg, wo das Label seinen Kühlschrank für die ganzen Torten stehen hat. Shitbots sind uns schon bekannt von der großartigen Split Single mit C.E.O. auf Goodbye Boozy. Die machen auch so Garage Punk mit einer Portion extra Krach. Die ersten Aufnahmen der Band sind jetzt zum ersten Mal physisch auf einer Kassette erschienen und man muss sich fragen, warum.

Das Label selbst bewirbt das Konsumgut mit den Worten: "THIS ALBUM SOUNDS LIKE SHIT!!!!!!!" Genial, auch ohne Torte! (Der Labelboss spielt in der Band ;-))

Vielen Dank – die beiden Kassetten sind gern gesehene Unterstützung in meinem täglichen Kampf für mehr akustische Dissonanz. Manchmal höre ich sie sogar! OK.

Negative Charge – S/T 12″

Wer hat in der Schule aufgepasst und kann mir sagen, welcher Bestandteil eines Atoms negativ geladen ist? Oder meinen die Burschen aus Winnipeg hier etwa die Abbuchung auf einer Kreditkarte? Ich glaub, so funktioniert Englisch nicht, aber in meinem Kopf ist das ein halbes Teekesselchen. Aha.

In der echten, harten Welt geht es aber um die Band Negative Charge aus Kanada, nicht die aus New York – dort ist man direkt so negativ aufgeladen, dass man Powerviolence braucht – unsere kanadischen Freunde hingegen begnügen sich mit ordentlichem Hardcore der brutaleren Spielart, der aber immer noch genügend Melodien in den Seitentaschen versteckt hat, dass man bei der Flucht vor dem Kaufhausdetektiv nicht vom Skateboard fällt.

Super eingängiger Hardcore Punk mit allen Stilmitteln gewaschen und perfekt in den Sommeranfang passend, wenn wir am längsten Tag des Jahres unsere Nachbarn mit dem Gestank und Lärm eines Grillfestes erfreuen. OK.
Insgesamt 11 kurze Songs, die knallen, jetzt erst einmal nur vier davon, sonst kommen die Bullen.

Neon Taste. Die Platte kommt im Juli auf Vinyl raus und dazu noch tausend Varianten von verschiedenen Shirt und Longsleeves und Tupperdosen. Grillen ist auch ein schönes Teekesselchen. Naja, einigermaßen. Oder Single? Ach, das haben Buzzcocks ja auch schon verwendet. Na gut. Schreibt mir keine in die Kommentare.

Shitbots – Live At The Butt Can CS

Zugegeben, nicht das beste Release der Trash Punker aus Winnipeg, das ich mir hier reinklebe. Aber es ist das erste physische Release, das mich erreicht hat. Und auch das erste physische Release der Band überhaupt, soweit ich das beurteilen kann.
Hört euch am besten die ersten beiden Veröffentlichungen mal vorher an, die bekommt man sogar umsonst, und dann genießt den live Sound der verrückten Garage Punk Rocker. Dieser ist laut des Labels klanglich zu verorten in der "Rock’n’Roll-Hölle von mutierten Missetätern, unverbesserlichen Trunkenbolden und phlegmatischen Unholden" und das beschreibt doch wunderbar euren Freitagabend auf der Kegelbahn. Cool.

Das Label gibt es erst ein paar Monate und schon jetzt rühmt es sich damit, die Wasserwege rund um Winnipeg mit Einkaufswagen und weggeschmissenen Tapes zu verschmutzen. Furchtbar sympathisch und offensichtlich genügend größenwahnsinnig, um Promos über den Atlantik zu schicken. Tss. Danke!

River Trash Records. Offensichtlich backt der Labelmensch Joe zu jedem Release eine Torte und verziert sie dann hübsch. Vielleicht sollte man sich dann spätestens bei Nummer 15 in Diabetes Records umbenennen. Ha.

Jug – Or Not 7″

Ach, wie erfrischend. Eine kleine Single mit 4 krachig bis wütend meldischen Songs, die einfach nur richtig guten Hardcore Punk aus dem Herzen Kanadas in Dein Wohnzimmer spucken.

Jug aus Winnipeg spielen eine simple Mischung aus klassischen Hardcore Riffs gepaart mit klassischem Basslauf und klassischem Mid-Tempo Scheppern, das alles durch das leidvolle Brüllen des Sängers als Kirsche auf der Sahne getoppt wird – Klassisch. Alles ein bisschen abgehackt, ein bisschen 80er und mit genug Gedudel und Spielerei zwischendurch ausgestattet, dass es bei dem Debüt der Band nicht etwa langweilig wird, sondern schon wieder eine richtig coole Single von Herrn Killingsworth abgemastert wurde. Scheint ein Qualitätsmerkmal zu sein, der Kerl. Toll.

Neon Taste. Erscheint in 3 Wochen auf schwarzem Vinyl. 200 Stück gibts und das wars. Auch erfrischend, ohne 6 Farben auszukommen. Leider teuer wegen Kanada, aber digital auch gut.

Red River Ex’s – This Ain’t Love

Ist schon blöd, dass die da oben das Image nicht loswerden, dass sie sowieso machen, was sie wollen, wenn sie stets dabei erwischt werden, dass sie eh machen, was sie wollen.
Habt Ihr das mitbekommen, dass die Königin Präsidentin der Europäischen Kommission per SMS mal eben im Alleingang über 4 Milliarden Impfdosen vom Pfizer-Chef bestellt hat? Nicht für ihren Ponyhof, sondern für die knapp 450 Millionen Einwohner ihres Königreichs. Zu viel, zu teuer, nicht durch die Kontrollinstanzen gegangen. Interessant, ne?
Bin gespannt, wohin die Frau nun wegbefördert wird, das lief ja in der Vergangenheit immer hervorragend. Vielleicht einfach Papst oder so? Da kann man kacke reden, kacke bauen und es gibt keine Kontrollinstanz (außer Gott, hihi) – das wäre doch was.

Mit den Red River Ex’s hab ich eine Platte gefunden, die prima zwischen meine Exbats und Lee Hazlewood Alben passt. Mehr wollte ich eigentlich auch nicht sagen – sehr entspannte und angenehme countryeske Rock’n’Roll Songs mit Punkflair von Männlein und Weiblein stimmlich begleitet und mit dem ein oder anderen Ohrwurm. Aufgenommen zwischen Winnipeg und Berlin, also nicht in der Mitte, sondern hin und her. Kosmopolitische, sympathische LP für eure Abende neben der Feuerschale oder im Zug in den Süden oder auf dem Kopfhörer während eines nicht enden wollenden Meetings, bei dem man einfach nur zur Musik nickt – habs ausprobiert, funktioniert und merkt niemand. Tolle Platte!

Eat Em Up Records. Bisher nur digital. Die Frau von der Leyen war ja nicht mal als Kandidatin aufgestellt damals, erinnert Ihr Euch? Da hält man eine Wahl mit Spitzenkandidaten ab, um dem Volk zu zeigen, dass man bürgernah ist und nicht einfach tut, was man will. Dann ist man unzufrieden mit dem Ergebnis und setzt eine Person auf den Thron, die nur wenige der Wahlberechtigten überhaupt vorher kannten. Spitze, immerhin macht sie einen guten Job!