Morenas – Cuatro LP

Ich habe gestern im Radio gehört, dass die deutsche Polizei an ihre Grenzen kommt und im ersten Moment gedacht, das sei nun ein besonders plumper Versuch von Herrn Dobrindt, unsere Nachbarn davon zu überzeugen, die Landesgrenzen mit der Unterstützung deutscher Polizisten zu sichern.

"Hallo, mein Name ist Alexander, Ihr könnt mich Lexi nennen, und die deutsche Polizei kommt auch an Ihre Grenzen, um jeden Tag die Pendler zu schikanieren! Rufen Sie mich an!" War aber anders gemeint.

Wenn ich das richtig zähle, ist das hier das vierte Album (ach was) und die insgesamt fünfte Veröffentlichung von Morenas aus dem schönen Alicante. Das ist toll, die können meinetwegen noch 1000 weitere Platten und Kassetten und Demos rausbringen; dieser leicht psychedelisch angehauchte Power Pop Garage Punk wird nie langweilig. So klingt das also, wenn man 300 Sonnentage im Jahr hat und jeden Tag 5 Stunden Siesta hält. Umso seltsamer, dass dies das erste Lebenszeichen der Band nach 10 Jahren Funkstille ist. Was war da los? Egal – geiler Scheiß für den Start in den Juni und den Sommer.

Ab auf den Fünfer und Arschbombe. Hurra.

Flexidiscos. Kommt demnächst auf Vinyl in schwarz und weiß raus. Dichotomien erleichtern das Denken, aber eine binäre Logik gerät an ihre Grenzen (haha), wenn sich Phänomene nicht innerhalb einer zweiwertigen Ordnung bestimmen lassen. Kann man mal drüber nachdenken und ne graue LP kaufen.

Roberta Lips – En Plein Cœur 7″

Eine lustige Mischung aus quietschvergnügtem Keyboard Power Pop und zuckerfreiem Punk Rock kommt da in Form einer runden Vinylscheibe ins Haus geflogen.

Roberta Lips macht sich an den Frühjahrsputz und fegt noch schnell vor dem Umstellen der Uhrzeit die Reste aus den 60ern und 70ern in die vier Songs der Debüt Single. Das hat den Charme eines rotweingetränkten Baguettes zum Frühstück an der Atlantikküste und passt am besten zu einer hektischen Fahrt auf dem Roller zur Kneipe, bevor die Pforten und Zapfhähne eine Stunde früher schließen.

Trifft mich nicht mitten ins Herz, sondern ist eher so der Bauchschuss, aber die Veteranen sagen immer, da hat man länger was von. OK. Hübsch.

Le Cèpe Records (Paris) und Flexidiscos (Valencia). Da auf Französisch und Spanisch gesungen wird, ist das nur konsequent. Kommt letzten Freitag raus, als es noch früher spät war. Das geht mir alles zu schnell mit dieser Zeit.

Ataque De Caspa – Supongamos Por Ejemplo LP

Wenn der Finanzminister sich vor einen wütenden Bauern-Mob stellt und von der "Politik und den Medien" (?) fordert, endlich etwas gegen die linksextremistische Unterwanderung der Klimakleber zu unternehmen und sich obendrein stolz damit brüstet, die finanziellen Leistungen für Asylbewerber und Arbeitslose zu kürzen, dann fragt man sich, was der Mann eigentlich beruflich macht. Was für ein Kasper.

Apropos, man könnte meinen, die Band aus Madrid habe namentlich etwas gemein mit dem Auftritt des peinlichen Penners, aber weit gefehlt. Ataque de Caspa bedeutet vielmehr so etwas wie ein akuter Anfall von Schuppen. Hm, ok.
Vielleicht ist es ja ein spanisches Wortspiel und die Doppeldeutigkeit ist absichtlich, wer weiß. Als sich die Band diesen Namen gab, waren sie noch ca. 40 Jahre jünger, denn die Pop Wave Post Punker gabs eigentlich nur ne kurze Zeit in den 80ern. 1985 haben sie ihr Demo "Supongamos Por Ejemplo" veröffentlicht und sich dann aufgelöst. Schlau.

Naja, nun gibt es dieses tolle Demo zum ersten Mal auf Platte und auch nach vier Dekaden klingen die Melodien noch wunderbar nach quietschbunten und verpixelten Schulterpolstern im Musikfernsehen und einem ausgeleerten Sangriaeimer über den Kopf gestülpt. Cool!

Flexidiscos. Gibts in Orange, Grün und Schwarz.
In den USA hat ein anderer Kasper auch schon wieder die Bühne betreten. Hurra, es geht wieder los. Gute Nacht.

Katarsi – S/T LP

Die LP von Katarsi ist das Ergebnis einer langen Serie von Enttäuschungen, wenn man dem Label Glauben schenken darf. Auch nicht unbedingt die Lobpreisung, die einem so vorschwebt, wenn man jemanden um ein Feedback bittet.

Aber natürlich war das nicht so gemeint, sondern anders und natürlich ist die Band und die Platte toll und blablupp, aber lustig wärs doch schon, mal einen Beipackzettel zu einer Veröffentlichung zu lesen, in der steht, dass man eigentlich mehr erwartet hätte und die Texte ein Grundschulniveau nicht übersteigen oder so ähnlich. Na, egal.

Musikalisch bietet das Solo-Projekt von Katarsi aus Bilbao eine angenehme Punk Rock Mischung aus den 2000ern mit den frischen Synthie-Klängen aus den 2020ern, die eigentlich auch irgendwie aus den 80ern stammen. Fest verwurzelt in der Vergangenheit kommt so ein Album zustande, das melodisch und poppig, dennoch roh und rotzig klingt, ohne den Anschein zu erwecken, dass man hier zuviel wollte. Passt zusammen, geht ins Ohr und regt zum Tanzen an. Schön.
Textlich eine Katastrophe 😉

Flexidiscos. Auf buntem Vinyl vorgestern erschienen und mit einem hübschen Siebdruck-Cover versehen. Ich hatte mal einen asiatischen Schnellimbiss um die Ecke, der warb mit dem Spruch "Leckerer als gedacht." Hat inzwischen geschlossen.

EVA – II 7″

Für Fans von aufdringlichen Bassisten ist hier eine wunderschöne Single erschienen, um die sich gleich 3 Labels gekloppt haben.

EVA aus Granada und Bristol zaubern auf ihrer zweiten Veröffentlichung einen zauberhaften Post Punk bis Dark Wave Spaziergang über den nächtlichen Dorffriedhof und lassen dabei mit schaurig schönen Melodien die Knochen gefrieren. Oder wars Blut? Egal, ist kalt draußen.

Viel Hall, viel the Cure gehört – ihr kennt das Konzept. Dafür, dass zwischen den beiden Städten/Menschen/Gruften ca. 2000 Kilometer liegen, haben sie sich eigentlich mit 4 Jahren zwischen den Veröffentlichungen ordentlich beeilt. Cool.

Flexidiscos, Andalucia Über Alles, Chicken Attack Records. Auf einer schwarzen Single erschienen und mit einem Siebdruckcover geschmückt. Passt geknickt in jeden Stiefel zum Nikolaus.

Ortopedica Técnica – Sentencia CS

Als Kind habe ich immer extra uninteressiert getan und in eine andere Richtung geblickt, wenn mein C-64 mal wieder länger gebraucht hat, um California Games oder Gianna Sisters zu laden. Man muss nur sehr indifferent gegenüber den technischen Errungenschaften agieren, dann machen die alles schneller und besser, habe ich damals gelernt.

Heute probiere ich aus, wie sehr man überhaupt keinen mehr Bock hat zu arbeiten, um im Lotto zu gewinnen. Drückt mir die Daumen. Oder nicht, ich brauch kein Glück, das ist Wissenschaft.

Hier haben wir eine Band aus Spanien, die bei der Namensgebung auch auf alles geschissen hat. Orthopädietechnik? Haben die Hoffnung, dass sie so zu den Kongressen der spanischen Prothesenträger eingeladen werden? Warum?
OK, vielleicht sind es ja auch tatsächlich 5 junge Männer, die das beruflich machen. Also in Sanitätshäusern arbeiten. Ich war noch nie in einem, keine Ahnung, ob da Punk Rock läuft. Ist ja auch nicht so wichtig, aber die Ortopedica Técnica Kassette hier böte sich auf jeden Fall als ganz wunderbare Untermalung zu einem Einkaufserlebnis von Rollstühlen, Gehstöcken oder dem RUSSKA Venentrainer an. Melodisch, mehrstimmig, kompakt und abwechslungsreich genug, um die 11 Songs noch mal und noch mal anzuhören. Bleibt im Ohr. Punk Rock ohne viel Spielerei. Erfrischend.

Flexidiscos. Im übrigen ging das mit den "Steckmodulen" oder besser Cartridges beim C-64 auch nicht besser, wenn man die rausgezogen und reingeblasen hat. Das hat die scheiß Dinger nur korrodieren lassen.

Tord – S/T 7″

Sehr schön, weil unspektakulärer Synth-Garage-Punk aus Spanien. Tord machen ein bisschen Krach und pissen in alle Ecken auf dieser 7″, die bei Flexi Discos erscheint. Klingt irgendwie zeitweise wie ein Post Punk Produkt mit Bassläufen aus dem Cure Universum. Dann zwischendurch mit Drumcomputer Sounds aus der 80er Jahre Hölle und dann wieder rotze Punk bis gelangweilt und angeödeter Garage-Kram. Ziemlich gut.

Fun Fact: Wenn man "Tord Spanisch" bei Google sucht und sich das dann mehrmals hin und her übersetzen lässt, erhält man schlussendlich die Übersetzung "sich beschweren". Das kann so auch nicht richtig sein?

Hogar – Todos Contra Todos LP

Nanu, was haben wir denn hier zusammengewürfelt? Eine angenehm verrückte Mischung aus 2 Teilen Marked Men und 1 Teil Dickies gepaart mit abgehackten Stakkato Gitarren und Songstrukturen von den Shocks (Alles ist falsch), kombiniert mit einer Prise Slime (Plattentitel) in einer formschönen Verpackung aus dem Kindergarten. Auf Spanisch. Und Deutsch. Findet mal bitte eine vergleichbare Platte. Tolles Album von Hogar!

Erscheint jetzt und ist dann auf Platte bei Felxidiscos in ca 4 Monaten fertig geschnitzt.