Hard Copy – 12 Shots Of Nature LP

Komische Zeiten, ne? Auf einmal muss man sich ja richtig schlecht fühlen, wenn man einst pazifistisch von seinen Hippie-Eltern erzogen wurde und das verbale Säbelrasseln von kriegsgeilen Dumpfbacken aus der Bevölkerung immer als dummes Gelaber abtun konnte, wenn jetzt der Minister das ganze Land dazu auffordert, kriegstüchtig zu werden.
Da bin ich schlecht drauf vorbereitet, Boris. Also so mental. Waffen liegen hier genug herum und eine Notration an Ravioli (vegetarisch) hab ich auch schon eingekocht. Aber im Kopf ist noch alles auf Frieden eingestellt. Vielleicht muss mir mein Vaterland erst einmal einen ordentlichen Feind an die Wand malen, damit ich motiviert werde. Bin mir aber sicher, dass daran schon gearbeitet wird. Puh – Glück gehabt.

Unterdessen höre ich mir aber dennoch lieber die "12 Shots of Nature an", wenn wir schon so martialisch unterwegs sind. Hard Copy aus Richmond haben auf dem neuen Album eine schöne Kollektion aus Post Punk und experimenteller Dudelei mit wunderschönen Melodien in 12 Songs versteckt. Nicht besonders gut versteckt, möchte ich ergänzen. Eigentlich sogar ganz offensichtlich unter der ersten Schicht von aufmerksamkeitsheischendem Gitarren- und Bassgeschrei. Gut, das alles hypt einen jetzt nicht auf Krieg und macht auch nicht aggro, aber wir sind ja der Widerstand, nech. Tolles Album.

Feel It Records. Auf Vinyl erschienen, ansonsten ergäbe ja auch der Bandname keinen Sinn. Zu den Waffen!

Kar​ō​shi – The End of the Illusion of Freedom LP

Ein neues Album von Kar​ō​shi aus der Vatikan Stadt, wenn man den gottlosen Hardcore Kids so eine Aussage über die Herkunft glauben möchte. Die lügen ja schon, wenn sie im Beichtstuhl einen Guten Morgen wünschen.

Naja – das Album hab ich auf jeden Fall völlig übersehen im Laufe des Jahres. Schon im März erschienen und seitdem irgendwie von den meisten anderen Leuten ebenfalls ignoriert. Komisch eigentlich, hier sind alle Zutaten für ein tolles Hardcore Album miteinander verrührt worden und für alle, die ihren Hardcore mit ein bisschen Metal würzen, ist das sogar ein spitzen Album mit solidem Cover, Titel und Bandname.

Wen darüber hinaus noch die Musik interessiert, der erhält eine echte LP mit 8 Songs in über 30 Minuten Spielzeit und genügend Riffs und Negativität für eine ganze Arbeitswoche. Mal schleppend, mal treibend, immer gut. Apropos Arbeitswoche – der Name Karōshi bedeutet auf Japanisch so viel wie "plötzlicher Tod durch Arbeit" und ist nicht etwa ein weiterer Teilnehmer im bunten Treiben der Mario Kart Familie, wie ich erst annahm. OK.

Tormenta de ideas Rec. & Kolo Records. Auf Vinl erschienen und günstig. Digtial sogar kostenlos. Was ist eigentlich das Gegenteil von Karōshi? Also der langsam schleichende Tod durch Arbeit, wie wir es hier in Europa zelebrieren? Ach so, Eikyūkoyō. Naja, klingt halt nicht so geil.

Citric Dummies – Zen And The Arcade Of Breaking Your Ass LP

Das schreckt mich ja eigentlich immer eher ab, wenn sich eine Band ein Cover einer sensationellen Platte schnappt und dies dann für ihre eigenen Zwecke missbraucht. Wirkt dann halt schnell albern oder im besten Falle sind es langweilige Kopisten aus dem Kindergarten der Punk Rock Akademie.
Wenn überhaupt, dann höre ich da nur zufällig und einigermaßen spät einen Song von, man muss ja in der Fülle der Veröffentlichungen auch einen gewissen Standard haben. Scheiß Name, scheiß Cover, Scheiß Titel? Nö. Oder würdet Ihr mal eben in die neue "Schüssler Dü" reinhören?

Naja, und wenn ich dann durch Zufall doch zum Beispiel in die Wonk Unit "Pwoison Idea…" bei einer Freundin reinhöre, werde ich eines Besseren belehrt. Also nicht, dass ich tatsächlich daraus lerne, haha, nein. Aber mir ist gestern aufgefallen, dass mir das Gleiche noch mal passiert ist. Citric Dummies mit dem Hommage-Cover und -Titel an Hüsker Dü fiel bei mir zunächst durch das Geschmnacksraster, bis ich einen Song davom zufällig gehört hatte. Sorry, ey.

Tolles Punk Rock Album mit 14 Songs ohne Ausfall. Hektisch, melodiös, energetisch, chaotisch und manchmal sogar über zwei Minuten. Die Band aus Minneapolis macht so viel Spaß, da kann man getrost das Artwork und den Titel vergessen. Beste 23 Minuten Deines Tages! Toll.

Feel It Records. Ist auch auf LP erschienen. Scheiß Cover. 🙂 Falls Ihr Euch erinnert – die haben mit der letzten Veröffentlichung ebenfalls ein bisschen Unsinn angestellt und man muss sich bei denen wohl einfach darauf einstellen, nicht auf Form, sondern auf den Inhalt zu achten. Klugscheißer.

Gran Bankrott – Die Singles LP

Bevor wir uns in den Jahresabschluss stürzen und uns mit Adventskalender, überflüssigen Weihnachstfeiern und uninspirierten Spotify-Listen durch den Dezember quälen, wollte ich noch kurz den deutschsprachigen Indie Pop abhusten.

Der kommt heute aus der am lebenswertesten Stadt Wien und ist schräg genug, um noch Spaß zu machen. Gran Bankrott hat in den letzten Jahren eine Reihe von Kurzfilmen gedreht und mit Musik vertont. Wenn ich das richtig verstanden hab, ist diese LP dann die Compilation der Songs zu den Filmen. Ein schönes Projekt von Herrn Tremmel, der hier 6 Post Punk Songs mit Indie und Pop Flair eingespielt hat, die ganz wunderbar an der Oberfläche des Bewusstseins treiben und verweilen, während die restlichen nichtssagenden Veröffentlichungen aus dem Millieu schlicht untergehen. "Nichts hilft" hat mir ironischerweise geholfen. Schön.

Numavie Records. Erscheint am 11. Dezember. Kann man im Bundle mit Zine oder im Bundle mit Zine und T-Shirt kaufen. Das Shirt Motive seht ihr hier als Bild, weil das Cover kacke aussieht. Falls Ihr noch 3 Weihnachtsgeschenke braucht, empfehle ich das Bundle mit LP, T-Shirt und Zine. OK.

The Paranoyds – I Like It Here 7″

Ich beantrage Bezahlkarten für alle, die sich für Bezahlkarten aussprechen. Voll geil. Probiert das mal aus, wie das so ist, bevormundet zu werden und das bisschen an Autonomie aufzugeben, die man als Bittsteller noch hat.

Ich könnte mir vorstellen, solch eine Arbeitsgruppe zu bilden und zu leiten, die darüber bestimmt, welche Sachleistungen die Personen erhalten dürfen, die sich für eine diskriminierende Bezahlkarte aussprechen. Statt Bargeld, das am Fiskus vorbeigeschleust wird, gibt es dann einfach mal Essensgutscheine für die Kantine im Bundestag, die natürlich verfallen, wenn man zu spät kommt. Oder einen Zuschuss für ein gammliges Fahrrad, damit man mobil ist. Oder ein paar Socken von dem Verein der Schweißfüße. Ach, geht kacken.

In anderen Ländern ist es auch nicht schön, aber offensichtlich haben The Paranoyds sich damit ab- und etwas in Los Angeles gefunden, das sie so richtig gerne mögen. Wie schön. Mit der meuen Single können sie auf jeden Fall 4 Songs dazu beisteuern, dass meine Laune gestiegen ist, viel mehr kann man eigentlich von Musik nicht erwarten. Aber was ist das eigentlich? Punk aus der Vergangenheit? Irgendwie 80er Garage Pop Rock mit Punk Charme. Mag ich sehr.

Third Man Records. Auf 7″ erschienen und auf 130 Stück limitiert und rosa und ausverkauft. Man sollte meinen, das Label könnte größere Kapazitäten verkraften, aber ok.

Machine Go Boom – Your Skin’s Been Peeling Off 7″

Wieso ist der 9. November eigentlich kein Feiertag in Deutschland? Oder meinetwegen Trauer- oder Gedenktag. Ich kann das alles gleichzeitig, diese Achterbahn der Emotionen nennt sich Donnerstag.
Republik ausgerufen, Mauer eingerissen, Hitler-Putsch vereitelt, deutschlandweite Progrome…muss ein stressiger Tag gewesen sein. Auf jeden Fall will ich heute frei haben und an was Anderes denken als die Arbeit.

Wenn wir schon in der Historie kramen, können wir uns heute auch einer Veröffentlichung widmen, die zwar bereits Ende Oktober dieses Jahres erschienen ist, aber bei der die Aufnahmen schon über 10 Jahre alt sind.

Machine Go Boom haben sich 2010 kurz vor ihrer temporären Trennung noch einmal im Studio getroffen und ein paar Lieder eingespielt, aufgenommen und abgeheftet. Die Songs durften dann irgendwie nie das Tageslicht erblicken und sind ein bisschen in Vergessenheit geraten. Bis jetzt. Irgendein Archivar hat  4-Spur-Aufnahmen im Zombi Proof Studio in Cleveland sortiert und dabei ist diese tolle Garage Punk Kassette vom Regal gefallen. 5 Songs, einer davon erst bei der Session entstanden, also recht authentisch die Single. Geht nach vorn, nach nebenan und nach Hause. Toll.

Just Because Records. Auf 7″ erschienen und auf 8 verschiedenen Farben erhältlich. Total limitiert und so weiter…ich gedenke heute den Toten und begehe den bolivianischen "Día de las Ñatitas". Irgendwo liegen hier eh noch Totenköppe von der Halloween-Party herum. Die schmück ich mir schön traditionell mit Koks und Kippen und hab nen Feier-Gedenk-Trauertag. Yeah.

Anytime Cowboy – Demons Obey CS

Ein neues Album von meinem Motivationstrainer! Anytime Cowboy versteht es wie kein anderer, mit seinem Elan in der Stimme die Laune eines jeden missmutigen Menschen zu vermiesen. Großartige Leistung. Und auch eine tolle Idee, daraus eine neues Genre zu basteln, indem man die kleinen weirden Geschichten aus Reuben Sawyers Kopf mit einer leicht zerstimmten Gitarre untermalt. Perfekter Soundtrack für den Pilzrausch in einer herbstlichen deutschen Großstadt.

Spared Flesh. Auf Kassette erschienen. Die leiert ab Werk. Muss so. Nüchtern nicht zu ertragen, mit den richtigen Drogen der Wahnsinn.

Seb Radix – 1977 LP

Man sollte auf Namedropping nicht reagieren, ne. Dieses Werben mit Menschen, die irgendwann einmal etwas Gutes gemacht haben, läuft ja meistens ins Leere. Ich kann mich zumindest nicht an eine Supergroup aus den letzten Jahren erinnern, die dieses Attribut verdient hätte. Ach so, die Plosivs vielleicht. Hm.
Aber grundsätzlich sollte man sich ja von solchen Dingen frei machen. Leider klappt das bei mir in der Regel nicht so gut, wenn ich eine Ankündigung für ein Album überfliege, auf dem dann so Leute wie Andy Kerr von Nomeansno und Mike Watt von Minutemen mitspielen. OK, Mike Watt macht auch in ziemlich vielen Projekten und Bands mit, die ich nicht unbedingt abfeiern würde, aber von Andy Kerr hab ich schon länger nichts mehr gehört.

Seb Radix hat sich die beiden Helden meiner Jugend geschnappt und sie auf seinem Album irgendwo zwischen den Rillen versteckt. Denn zumindest auf den beiden Songs, die man bereits vorab hören kann, erahne ich nicht unbedingt den trockenen Basslauf von Opa Watt oder die verstimmte Gitarre von Onkel Kerr. Das liegt wahrscheinlich daran, dass die beiden gar nicht ihre Instrumente mitgebracht haben und nur singen. Und trotzdem sind die Lieder gut.
Es braucht hier also gar nicht unbedingt die Namen von Punk Rock Stars aus den 80ern und 90ern, das Album scheint auch so für sich zu sprechen. Na sowas.

Table Basse Records. Auf Vinyl im Dezember. Haben sich das eigentlich irgendwelche schlauen Labelmenschen schon mal zunutze gemacht und mit Leuten ein Album beworben, auf dem der Hausmeister die Triangel spielt, der aber zufälligerweise Keith Richards heißt? Geile Idee.

Burning Tapes – Devil X Nine (Special Edition) CS

Falls Ihr Euch auch gerade auf dem Weg in die Hölle befindet und das AC/DC Tape leiert, hätte ich hier entspannten Ersatz, der mit frischem Magnetbändern und schaurig schönen Melodien den Stau erträglich macht.

Burning Tapes aus England macht diesen Horrorfilm inspirierten Synth Kram schon länger und der Typ (Darren Page) hat ja auch das Label Burning Witches mitgegründet, das fast ausschließlich diesen tottraurigen und schaurigen Tönen ihren Platz bietet.

Hier gibt es eine besondere Version von dem "Album" Devil X Nine, auf dem auch unveröffentlichte Tracks zu finden sind und das sich musikalisch wie Spinnenarme in verschiedene Richtungen ausbreitet… Hauptsache, es gruselt. Ich vergleiche das ja jedes Mal mit Alex Cuervo’s Projekt Expectrostatic und tatsächlich hat der Burning Tapes Mann mal ein Album davon gemastert. OK. Gute Fahrt.

uSUPER! Records. Gab es mal auf Kassette als Bestandteil einer hübschen Serie zu kaufen. Sind aber alle weg. Digital funktioniert das aber auch und dann macht man das einfach wie früher und nimmt sich den Scheiß selber auf Kassette auf, malt ein paar umgedrehte Kreuze drauf und schon kann man mit Beelzebub als Beifahrer die Autobahn ins Verderben runterbrettern. Auf geht’s.

Schedule 1 – S/T LP

Meint Ihr, es hat 12 sensationelle Freitage in Folge gegeben und dann kam Freitag der 13. und hat voll abgeschissen? Oder warum ist der heutige Tag verdammt dazu, rot im Kalender angestrichen zu werden und Menschen laufen extra vorsichtig über die Autobahn?

Vielleicht sollte man den Tag ja lieber feiern, anstatt von Unglück auszugehen. Vielleicht gab es früher nur an jedem 13. Freitag Wochenende? Oder es wurde gewaschen oder es durfte gelacht werden? Man muss ja nicht immer so negativ sein. Ich mein, manche Bands haben auch mehere Versuche gebraucht, bis was Ordentliches aus den Instrumenten herusgesprungen ist. Ob das dann gut war, sei dahin gestellt. Aber stellt Euch mal vor: Sum 1 – 40 waren noch schlechter. Oder Blink 1 – 181. Das nennt man Ausdauer. Oder Verzweiflung.

Da lobe ich mir Schedule 1, die haben das direkt beim ersten Anlauf geschafft, eine tolle 12″ mit 6 Songs aus dem Proberaum in Vancouver auf den Markt zu blasen. Auf dem Debüt kommen ein paar Post-Punkige Klänge aus Gitarrengeplinker und Gesang mit viel Hall zusammen und verschmelzen mit einer Best-of-80er-Jahre-Basslauf-Mischung zu tanzbarem Wave Post Punk, der sowohl in dunkleren Kellern für dunklere Gestalten aufgelegt werden kann, als auch bei eintönigen Arbeiten im Büro als Unterstützung dazu dienen vermag, den Schreibtisch samt Chef aus dem Fenster zu schmeißen. Melodie, Aggressivität, Spaß. Erster gültiger Versuch und direkt eine gute Platte. Toll.

Sabotage Records und Dirt Cult Records. Gibt es auf buntem Vinyl zu kaufen und bei Pils Records in Kanada sogar auf Kassette, aber warum sollte man. Ich habe ja den Film nie gesehen und mir erst vor ein paar Jahren mal Halloween angetan. Der war gar nicht schlecht. Hm. Vielleicht weiß ich jetzt, was ich mit den Kindern heute Abend mache. Cool.