Sauvageoness – Phoebe

Vielleicht liegt es am Montag, vielleicht an den schlechten Träumen der kurzen Nacht wegen zu vielen Kuchens oder vielleicht liegt es an der Dunkelheit, die einfach nicht verschwinden will. Vielleicht ist es die allgemeine Dummheit der vernunftbegabten Mitmenschen um mich herum oder vielleicht ist es das Gehupe der tausend Traktoren vor der Tür. Was auch immer es ist – ich muss gerade die Welt ein bisschen leiserdrehen und langsamer werden.

Danke, Sauvageoness für den passenden Soundtrack. Der klingt zwar wie eine hippieske Untermalung zu psychedelischen Einhorn-Comicfilmen, aber erfüllt auch ganz wunderbar seinen Zweck, dem Lärm Einhalt zu gebieten und ob der Scheißigkeit der Dinge nicht verrückt zu werden.
Jedenfalls für mich. 9 Songs, vorerst nur einer davon zu hören, aber der strahlt schon genügend Ruhe aus. Wie eine warme Valium Kapsel im Hintern, die langsam ihr Wattepolster um das schwere Gemüt legt. Toll. Macht was draus.

Table Basse Records. Kommt demnächst ohne physisches Format, soweit ich das sehen kann. Aber über das Mobiltelefon kann man die musikgewordene Beruhigungspille immerhin auch für unterwegs ein- und ausschalten. Merci.

Fugitive Bubble – Delusion LP

Großartiges Album von Fugitive Bubble kommt hier reingepurzelt. Eigentlich schon alter Scheiß, da das Album letztes Jahr bereits bei Impetus Fetus und Stucco auf Kassette erschienen ist, aber da war ich wohl mit anderen Dingen beschäfigt. Oder Ihr habt mich nicht darauf aufmerksam gemacht.  Naja.

Da müssen auf jeden Fall ein paar verrückte Punk Rocker aus Olympia in Washington gerade eine große Portion Amphetamin von ihrem Dealer abgeladen bekommen haben, um diese 10 Songs in Hektik zusammenzuschrauben. Das Schlagzeug fliegt mit einer aufmerksamkeitsdefizitären Hyperaktivität über Trommeln und Becken, dass es eine wahre Freude ist. Der Bass pöppelt auf 45, obwohl der Lauf für 33 geschrieben wurde. Die Gitarre quietscht und schreit dazwischen, gibt dem hibbeligen Rhythmus eine gewisse Spaß-Struktur und die Sängerin macht im Grunde das gleiche in Grün. Heilige Scheiße.
Das klingt nach frühen 80ern und manchmal sogar nach ein bisschen Minutemen, obwohl man sowas gar nicht sagen darf. Hört das und die nächsten 18 Minuten gehören schön zum Party Wochenende. Tolles Album.

Sorry State. Die Kassette gibts schon seit einem Jahr. Die LP erscheint am 19. Januar. Wieso hat mit niemand von dieser Band erzählt? Na sowas.

Virvon Varvon – Four Bars Of Hate CS

Wieso kann man in Deutschland eigentlich ankündigen, mit seinem Trecker eine Kreuzung zu blockieren und erhält dafür politischen Einfluss, während man ohne Trecker, mit einer Tube Kleber und der gleichen Absicht in den Knast gesteckt wird?

Können wir nicht einfach das Fenster am Sonntagabend aufmachen, 5 Minuten klatschen und den Landwirten für ihre großartige Leistung und Arbeit danken und dann ist gut? Ist immerhin ganz schön kalt dann in der Stube. Naja.

London’s Virvon Varon haben ein neues Album aufgenommen und veröffentlichen das auch nächsten Monat. Das ist doch eine schöne Nachricht neben den ganzen deprimierenden Dingen zum Jahresstart. Auch beim zweiten Longplayer sind 8 Songs drauf, die irgendwo zwischen Garage und Post Punk mäandern und einfach nur zum Hausschuhe wackeln einladen. Wenn man fit genug ist, kann man dazu auch tanzen. Sehr schön.

Girlsville. Erstmal nur auf Kassette. Es bleiben Fragen. Warum kein Vinyl? Und warum erscheint das am 28. Februar ? – da weiß jemand nicht, dass wir ein Schaltjahr haben. Und sind es vier Kneipen in London, die permanent mit hasserfüllten Fußbalfans bestückt sind oder sind es vier Bar im Sinne von Druck? Oder sind die Black Flag "Bars" gemeint? Hm.

Total Sham – 10-15-23

6 neue Hardcore Punk Knaller von Total Sham aus Kansas City. Genau das richtige für die ersten wackeligen Schritte mit den alten Schlittschuhen auf dem dünnen Eis des Dorfteichs. Wenn es knackt, einfach ein bisschen schneller im Takt der Musik hektisch loslaufen. Klappt jedes Mal. Geiler Scheiß.

Offensichtlich ältere Aufnahmen von den Performance Künstlern aus dem Oktober letzten Jahres. Wieso ist eigentlich Kansas City im Bundesstaat Missouri, wenn doch der Bundesstaat Kansas genau daneben liegt? Da gibts bestimmt ne spannende Geschichte zu. OK.

V.A. Fichines Ruido Zafarla – Este Sinte Mata Fascistas CD

Leider hat man nicht nur in unserem Land mit einem furchtbaren Linksruck zu kämpfen, auch in anderen Teilen der Welt fallen immer mehr Menschen auf die vernünftigen Vorschläge von intelligenten Personen rein. Hä? Nee. Moment.
Da hat mir mein Praktikant was durcheinander gebracht.
Eigentlich wollten wir einen flammenden Appell niederschreiben, der zum Ausdruck bringt, wie populistische Männer mit lustigen Haaren die ärmeren Menschen eines Landes mit hohlen Phrasen zu blenden, anschließend an die Macht kommen, um dann diesen Leuten den Rest des Geldes aus den Taschen zu ziehen.

Dann nennt man das "Anarchokapitalismus", wischt sich den Scheiß seiner arbeitenden Bevölkerung auf die Stirn und lächelt verschmitzt verschwitzt in die Weltpresse.

Offensichtlich haben die jüngeren Menschen Argentiniens den Mann und die herrschenden Politiker durchschaut, schließlich kämpft das Land schon seit gefühlten Ewigkeiten mit wirtschaftlichen ähm, Fehlentwicklungen, die zumeist auf dem Rücken der untersten Schichten des Landes ausgetragen werden. Vor 70 Jahren war Argentinien noch das Land mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen in der Welt. Mit natürlichen Ressourcen und fruchtbaren Böden, die eigentlich bis ins 22. Jahrhundert eine goldene Zukunft verprachen. Und dann haben die Deppen die Nazis ins Land gelassen, sich selber erfolgreich am Faschismus versucht und letztlich nur im internationalen Fußball brilliert. Was sagt die Jugend dazu? Alles Tango? Oder eher Synth-Punk und Techno?
Könnt ihr hier hören. Schöne Zusammenstellung aktueller Reaktionen aus der subkulturellen Musiklandschaft Argentiniens. Von Eier bis Uffta alles dabei. Cool.

Fichines Ruido Zafarla. Auf CD und digital zu erwerben.
Immer wieder schade, dass Hoffnungsträger einer Generation zunächst beklatscht werden, um daran anschließend irgendwie dumm wie Brot alten Kram nachzuplappern und nichts zu ändern. Ging mir auch so.

Knowso – Pulsating Gore LP

Heute mal ein bisschen Post Punk mit intellektuellem Appeal. Das bedeutet natürlich gleichzeitig, dass man zu dumm für Musik ist, wenn einem das nicht gefällt, logisch. Aber ich will in diesen harten Zeiten nicht polemisch sein. Nein.

Hier, für all die hart streikenden Dummbauern auf den Straßen und die hart trauernden Dummbrote in den Gossen rund um Deutschlands Fußballstadien. Der König der Bauern, der Beckenbauer, der Kaiser ist von uns gegangen, aber hey, gute Freunde kann niemand trennen, ne.

Auch Knowso aus Cleveland spaltet nicht, sondern versöhnt missmutige Bahnfahrer, die auf ihren Zug warten, mit streikenden Treckerfahrern, die ebenso auf ihre Almosen vom Start warten, mit dickbäuchigen Deutschland-Fans, die um eine vermeintliche Lichtgestalt weinen, die sie als Kaiser und einzige Führungsperson in schwarz-rot-gold akzeptierten. Wir sind alle eins, und das ist ganz schön impertinent.

Sorry, das hat alles gar nichts mit dem verqueren Gedudel der Band zu tun, die nun ihr drittes Album herausbringen und ähm, eigenwilliger denn je sind. Dazu kann man sich vielleicht nicht unbedingt konstruktiv in einen Dialog miteinander begeben, die Musik erfordert zu viel Aufmerksamkeit. Aber vielleicht ist es das, was wir gerade brauchen. Mehr Zuhören, weniger Scheiße labern. Mehr Versuchen, komplizierte Dinge zu verstehen, als sie in eine Schublade zu stecken und reinzukacken. Naja. Ich mags jedenfalls. Die Musik meine ich, nicht in Schubladen kacken. OK.

Sorry State. Auf 12″ erschienen. Mir ist gerade aufgefallen, dass es in Deutschland gar keine Thronfolge für den Kaiser gibt. Haben jetzt die Reichsbürger gewonnen oder verloren?

Ryan Davis & The Roadhouse Band – Dancing On The Edge CD/CS

Nanu, da ist mir doch glatt Indie Rock in die Stube gepurzelt. Aber Ryan Davis & The Roadhouse Band ist auch einfach eine unglaublich entspannte Platte gelungen, die ich gerne nebenbei höre, wenn es irgendwelche simplen Tätigkeiten auszuüben gilt. So hab ich neulich schon meine Steuererklärung und den PISA Test gemacht.
Und da ich heute für die Kinder zweihundert Geschenke von der bekloppten Familie einpacken darf, läuft Dancing On The Edge in Schleife zum Rotwein- und Tesafilmverbrauch.

Leider ist ein physisches Format unendlich weit Porto entfernt und die digitale Version ist entweder ausverkauft (!) oder recht teuer (1000 Dollar). Interessantes Konzept. Vielleicht ist das diese künstliche Resourcenverknappung, von der ich in der VWL-Vorlesung gehört habe. Aber anspruchsvoller Gedanke, das bei digitalen Inhalten zu versuchen. Hat ja mit diesen komischen Affen und NFTs nicht so gut geklappt, ne? Naja.

Schöne Feiertage und seid nett zueinander. Bis bald!

ever/never records & Sophomore Lounge. Nehmt Ihr eigentlich so richtig buntes Papier für die Geschenke oder reichen da auch Wochenzeitungen und Prospekte und Steuerbesch…ah! Da ist der.

Hacker – Psy-Wi-Fi 7″

Wenn ich morgens so verschlafen Nachrichten höre, hab ich manchmal den Eindruck, da erzählt mir eine Stimme die langweiligen Nebenhandlungen oder Folgen eines B-Movie Action Films. Heute so: Mehrere hundert Kilo Drogen im Raum Aachen gefunden, da ist wohl etwas schief gelaufen. Und: in einer psychischen Anstalt hat ein Insasse einen anderen erdrosselt und noch ein weiterer hat eine ganze Station verwüstet. Kennt man sonst nur aus Filmen.
Ach, egal. Am kürzesten Tag des Jahres hat niemand Zeit für viel Gelaber. Hacker aus Perth machen Hardcore. Der ist gut. Macht was draus.

Helta Skelta Records. Erscheint Mitte Januar auf Vinyl. Du bist der Nagel, ich bin der Hammer. Ist ja hammerhammerhart.

The Tensors – S/T

Großartige Garage Punk Band aus ähm, keine Ahnung. Generell finde ich über die Band nicht viel heraus. Aber glaubt man einer Quelle aus dem Internet, so haben sich die vier Bandkollegen während der Aufnahmen zu dem Album so dermaßen (selbst) verstümmelt, dass es ein Wunder ist, überhaupt noch die drei Tensöre lebendig bestaunen zu können.

Entweder eine schöne Geschichte zur Legendenbildung oder einfach nur Quatsch, weil man mal ein bisschen mehr Blut und Knochensplitter in den Promozetteln braucht. Liest sich auf jeden Fall recht abenteuerlich. Und ganz nebenbei ist die Musik hervorragend. Fans von Jay Reatard oder dergleichen sollten es mögen.

Der eine brach sich im Studio einen Arm in der Mitte durch und musst fortan die Gitarre rhythmisch gegen die Hand schlagen, um die Songs zu spielen. Der andere verlor ein Auge (!), weil ihm ein Mikroständer in den Kopf gebohrt wurde. Davon recht beeindruckt wollte ein weiteres Mitglied der Band nicht blöde dastehen und ließ sich mit sämtlichen Dingen beschmeißen, die man so im Studio herumliegen hat (Verzerrer, Fußmaschine, Gitarren…), bis er endlich auch bewusstlos in seinem Blut lag. Davon inspiriert holte sich dann der letzte im Bunde mit ein paar verschlissenen Kabeln eine Portion Prügel ab und ließ sich praktischerweise direkt mit ein paar Stromschlägen in den Schlaf wiegen.

Das Ergebnis kann man hier hören und auf dem Cover sehen. The Tensors! Ziemlich tolles Album.

Eat Em Up Records. Die muss ich mal live sehen. Mit genügend Abstand.

Water Machine – Art Fair / Blisters 7″

Irgendeine Art von Post Punk aus Glasgow. Bisschen Power Pop mit dabei, bisschen Dudelei mit dazu und von diesem hier noch ein bisschen und davon ein wenig und hey, hier liegt ne Geige, cool und fertig ist das Lebkuchenhaus.

Manchmal wundert man sich ja, was man so Leckeres gekocht hat, indem man einfach nur die Reste vom Küchenboden aufgefegt und in die Friteuse geschmissen hat. So ungefähr klingt das hier, was Water Machine zubereiten. Eine knusprige Mischung aus allem, was gerade so in der Power Pop Punk Rock Küche herumliegt. Vielleicht ist das Bild ein bisschen schief, ich hätte die Band ob des Namens wohl eher in den flüssigen Aggregatszustand versetzen sollen, aber jetzt ist zu spät. Schöne zwei Songs.

FatCat Records. Ich lese die ganze Zeit "Fart Air" und fühle mich wie 9 Jahre alt. Auch mal wieder schön.