Pig Pen – Mental Madness LP

Coole neue Band aus Kanada mit Sensenmann und Ritter auf dem Cover. Das verspricht doch zumindest ein bisschen Metal mit 80er Einschlag. Mal sehen.

Ah ja. Stimmt – noch ne Prise 80er Hardcore eingestreut und mit recht reflektierten Texten zur Selbstwahrnehmung garniert ("I’m sick, I’m sick, I’m sick") macht das Album einen angenehmen ersten Eindruck, wenn man denn gerade Hass auf sich selbst verspürt und dafür einen Soundtrack benötigt.

Gespickt mit dem Brüderpaar Romano aus der Metal und Hardcore Szene Kanadas und einem "Celebrity" Koch, dem Schauspieler Mathy Matheson aus der Serie "The Bear" als Sänger, der auch ansonsten im kanadischen Fernsehen bekannt zu sein scheint.
Ein lustiger Haufen, der während der Pandemie zusammengekommen ist und mal eben an zwei Tagen das Album eingespielt hat. Wird wohl bei dem vollen Terminkalendern der Beteiligten erst einmal das zweite Standbein bleiben. Passt hervorragend zum Gemüseputzen und  "Mise en place"-Verkacken in der Hektik der Imbissküche. Ganz geil.

Flatspot Records. Ist auf 7 verschiedenen Varianten erschienen. Eine reicht, klingen alle gleich. Das Label ist in Baltimore ansässig und gewiss nur auf die Band aufmerksam geworden, weil es in den 70ern dort einen legendären Laden gab, der so hieß und wohl das beste Barbecue hatte. Oder Pontius Pilatus aus dem "Lebens des Brian" hat versucht, den englischen Glockenturm auszusprechen? Gute Serie im Übrigen.

Histamine – Quality Of Life LP

Hallo Montag. Ich hab gehört, dass Histamine ganz furchtbare Spaßverderber sein können, wenn man eine Allergie hat. Also nee, das heißt dann nicht Allergie sondern Unverträglichkeit, eine Intoleranz, eine Störung.

Jedenfalls kann man dann Hautausschlag bekommen oder muss aufs Klo oder nie wieder aufs Klo. Je nachdem. Und Jucken tuts auch. Und Migräne bekommt man ebenso, wenn man ne Pulle Rotwein trinkt, weil da Histamine drin sind. Sogar mehr als im Weißwein. Und dann isses ja nicht mehr viel mit "Quality of Life", von der die Band aus Sydney hier singt und schreit, dann ist das nur noch juckender, roter, verstopfter Popo mit furchtbaren Kopfschmerzen obendrein.

Aber wenn man das Zeug verträgt, dann ist das gut für die Gedächtnisleistung und für den Blutdruck und die Gedächtnisleistung und den Blutdruck. Wieso eine Band so heißt, weiß ich nicht, aber die vier Australier ballern hier schon wieder direkt die frühmorgendliche Ferienstimmung auf dem Campingplatz in Schutt und Asche. Geiler Scheiß für den Wochenstart.

Convulse Records. Nach 5 Jahren Abstinenz das Debüt Album? Stark. Kommt auf vier verschiedenen Farben auf Vinyl raus. Histamine sind wichtig für die Gedächtnisleistung und den Blutdruck.

Ubiquitous Meh! & Height Keech – All Time Greatest Best In History 7″

Einfach mal den Entschleunigungsknopf gedrückt halten am Wochenende. Kommen wir mal runter. Dieses ganze Gehabe von Überholspur und schneller und mehr, mehr, mehr geht mir auf den Geist.

Früher galt Muße und Müßiggang noch als wertvoll, bis die verdammten Christen mit der Kommerzialisierung der Freizeit angefangen haben und der Protestantismus die Akkumulation von Kapital gefördert hat. Naja, zumindest hat diese Frömmigkeit und der Arbeitsethos den Grundstein dafür mit so bekloppten "Weisheiten" wie "Müßiggang ist aller Laster Anfang" gelegt. Geht kacken!

Der passende Soundtrack kommt von Ubiquitous Meh! aus Plymouth (Love! Satan!), den man so einfach in einer bequemen Dauerschleife über das Wochenende hinweg spielen und ansonsten einfach mal gar nichts tun kann. Nix kleiner Computer in der Hosentasche, der dich traurig macht, nix TV, das dich blöd macht. Setz dich unter einen Baum.

Damnsonic Records. Hauseigenes Label bringt auch diese 7″ der Band heute raus. Stark limitiert und nicht billig, funktioniert aber auch digital wunderbar mit wasserdichten Kopfhörern am Grund des Dorfteiches. Oder wo man sonst Ruhe findet. Schönes Wochenende!

Patient Zero – Souvenir Noir CS

Da ist der Penner. Patient Null, der Indexpatient und der Anfang allen Übels. Hat ein bisschen länger gedauert, ihn aufzuspüren, dabei ist das Debüt Album von Patient Zero schon seit Mitte Mai in der Inkubationszeit und bricht jetzt mit aller Macht aus.

Ich bleib nicht im Bild, das ist albern. Tolle Band aus Tour, die sich offensichtlich der tristeren Seiten des Lebens und der Musik verschrieben haben, oder die Farbpatrone des Druckers ist gerade leer. Post Punk, der beizeiten an Nightwatchers oder Syndrome 81 erinnert. Letztere haben sogar ihren Jacky Cadiou ausgeliehen und die 5 Songs aufnehmen und mixen lassen.  Post Punk mit dunkler Seele aus Frankreich. Geht eigentlich immer.

Dirty Slap Records. Auf 70 durchsichtigen, bzw. petrischalenfarbenen Tapes erschienen. Jetzt bloß nicht überhastet Masken kaufen.

Xeroform – Faceless Nameless Number CS

Müssen wir mal wieder über Bandnamen sprechen? Sind das vier Krankenpfleger aus Lakewood in Ohio, die sich nach ihrer Lieblings-Mullbinde benannt haben? Oder sind sie eher der passive Part, also diejenigen, die damit am liebsten verbunden werden? Es gibt ja unterschiedliche Vorlieben für alles, da halte ich mich raus.

Wie dem auch sei, Xeroform aus der Nähe von Cleveland präsentieren sich hier in bester Garage Punk und Pub Rock Manier, wie sie heutzutage auch gerne in Melbourne zelebriert wird.

Eine Reibeisenstimme von zu viel Bourbon aus der Western Reserve Distillery gepaart mit schrammelig-schrillen Gitarrensounds von fettigen Chicken-Wings Fingern in die Saiten gerissen, straightes Scheppern, das ordentlich im Takt der Kneipenschlägerei nach vorne schiebt und im Hintergrund orgelt Praktikant Aaron dazu im Takt auf den Tasten herum, so gut es mit verbundenen Armen und Augen geht. Fantastisch.

Just Because Records. Erscheint auf 75 Tapes am Samstag, jetzt kann man schon mal einen Song von 9 hören und dazu das "Petrolatum Dressing" aus seinem Verband schlabbern. Guden!

Fen Fen – In Yer Sights LP

Geil. Eine neue LP von Fen Fen aus Detroit ist im Anmarsch. Krachiger Garage Punk mit Löchern in den Unterhosen. Ein Song jetzt, der Rest im August. Ich bin Fen Fen.

Sweet Time Records (US) & Low Ambition Records (Australien). Einmal mit rotem und einmal mit gelbem Cover. In Europa vielleicht dann auch irgendwann in orange.

Problem Patterns – I’m Fine And I’m Doing Great

Bei der aktuellen Variante von Corona ist Heiserkeit wohl neuerdings eine typische Begleiterscheinung. Mist. Wären es Erschöpfung, Niedergeschlagenheit und Pessimismus könnte ich wenigstens An Der Goldgrube vorbeifahren und mir mit der Diagnose eine Spritze BionTech-Suppe in den Po rammen. So ist es wohl doch nur eine gewisse Wohlstandslethargie und ich muss weiterhin den Mirtazapin Kokain Cocktail schlucken.

Passende Musik von den Problem Patterns aus Belfast. Schöner Schrammel Garage Punk, der sich weigert, den Akkord auf der Gitarre zu wechseln. Im September kommt dann die LP raus mit dem schönen Titel "Boring Songs For Boring People". Gefällt.

Alcopop Records. Wie gesagt, erst im September eine Platte. Bis dahin ein bisschen Salamitaktik aus Nordirlands Bangers Wurst. Yummy.

River Trash Records – Doppelte Ladung CS

Post aus Kanada kam den Rhein entlang geschwommen und ist schmuddlig versifft bei mir angespült worden.

Da stellt sich direkt beim ersten Hören die Frage: Wieso ist dem Punk Rock und vor allem auch dem Garage Punk eigentlich so eine unglaubliche Krachigkeit inhärent. Natürlich gibt es die glattpoliert produzierten Fat Wreck Sachen auch, aber das klingt ja irgendwann immer gleich und langweilig. Dennoch, warum erträgt man solch einen Lärm, der manchmal schon dissonant oder kakophon daherkommt? Ist ein Punk Rocker besonders geduldig und leidenserprobt, sodass er die Schönheit in Dingen findet, die anderen verborgen bleibt? Ist er masochistisch und will einfach durch die vertonten Glasscherbenhaufen laufen, damit er überhaupt etwas spürt? Oder ist es eine positive Gabe, den matschigen und krachigen Filter auszublenden und nur die darunterliegende Kraft der Musik zu empfinden? Oder ist es alles zusammen?

Hier könnt ihr auf jeden Fall eure Resilienz auf die Probe stellen und schauen, wie viel Punk in euch steckt. Zwei Releases von River Trash Records kommen mit einem suboptimalen Sound aus dem Kassettenrekorder gestürmt, der unter dem Deckmantel des Punk firmiert und alles kaputt scheppert, was in den Ohren noch brauchbar war. Zum Einen die Moron’s Morons aus Warschau, die ein fullminantes Konzert in Kyoto gespielt und freundlicherweise mit einem Walkman aufgezeichnet haben – pure Energie in eine grüne Kassette gekotzt und mit Drahtwolle runtergeschluckt. Geil. Und natürlich wieder mit einer Torte beworben – wie (fast) immer bei River Trash Records.


Zum Anderen eine Aufnahme aus dem Jahr 2017 von den Shitbots aus Winnipeg, wo das Label seinen Kühlschrank für die ganzen Torten stehen hat. Shitbots sind uns schon bekannt von der großartigen Split Single mit C.E.O. auf Goodbye Boozy. Die machen auch so Garage Punk mit einer Portion extra Krach. Die ersten Aufnahmen der Band sind jetzt zum ersten Mal physisch auf einer Kassette erschienen und man muss sich fragen, warum.

Das Label selbst bewirbt das Konsumgut mit den Worten: "THIS ALBUM SOUNDS LIKE SHIT!!!!!!!" Genial, auch ohne Torte! (Der Labelboss spielt in der Band ;-))

Vielen Dank – die beiden Kassetten sind gern gesehene Unterstützung in meinem täglichen Kampf für mehr akustische Dissonanz. Manchmal höre ich sie sogar! OK.

Worn Through – Barely Real CS/LP

Wie früher im Plattenladen – Musik wird heute nach Cover ausgewählt. Nach dieser ganzen verdammten Hitze fühl ich mich komplett ausgelaugt. Schöner Begriff eigentlich, ausgelaugt. Kommt ja ursprünglich von einem entspannten Bad in einer Badewanne, wurde dann aber im Laufe der Jahre mehr und mehr verwendet für den Vorgang, etwas aus einem Material herauszuwaschen.

Also zum Beispiel lässt sich Kupfer aus Kupfererz mithilfe einer alkalischen Suppe prima herauswaschen. Das, was dann nach dieser Tortur übrig bleibt, ist ausgelaugt. Schön.

Und so fühl ich mich. Zwar frisch gewaschen, aber sämtliche Energie wurde mit dem Bade ausgekippt. Musikalische Untermalung hierzu liefern Worn Through aus Baltimore, die zwar mit ihrer Country und Indie Pop Mischung nicht gerade die verbrauchte Energie wieder zurückbringen (das konnte nur Mars in den 60ern), aber ich fühle mich seltsam entspannt und gebe mich der totalen körperlichen und geistigen Erschlaffung hin. OK.

Just Because Records (Tape) und Strange View Records (LP). 50 Kassetten, 100 LPs und 300 digitale Downloads. Das Debüt der fünf Twang Rocker kann man sich auf verschiedene Arten und Weisen zu Gemüte führen. Wenn man alle drei gleichzeitig nutzt, explodiert die Hifi-Anlage und heraus kommt eine Mini-Disc. Krass.

Tuff Bluff – Bereaver / Two Birds 7″

Zwei neue Songs von Tuff Bluff aus Denver, die wunderbar Garage Punk-poppig von der Mile-High Stadt heruntergepurzelt kommen. Die drei Blöffer klingen ein Jahr nach ihrer LP noch immer nach einer Mischung aus Lemuria und Martha und machen damit alles richtig, um auf die Playlist für den Freibadausflug auf dem BMX Rad zu kommen.

Hubbu Bubba, Hose runter, Wasserrutsche.

"Bereaver" ist entweder ein "legendary" Mega-Schwert aus einem bekloppten Fantasy-Game, oder einfach nur ein altes Wort für einen Räuber ("a person who bereaves"). Könnt ihr ja mal im Englischunterricht fragen. "Two Birds" sind entweder 2 Zwitscher-Vögel oder Brautjungfernkleider aus New York. OK.