Das ist ja eigentlich gar nicht so mein Ding, aber der Song "Work On Display" ist mir gerade zufällig in die Kopfhörer gerutscht, während ich in einem bekackten Café mit anderen beknackten Leuten am Rechner sitze und von anderen bekloppten Menschen auf der Straße blöde angegafft werde, weil ich in einem Café nix Besseres zu tun habe, als auf den blöden Laptop zu schauen.
Also hier sitzt jeder an einem separaten Rechner und wir glotzen nicht alle auf denselben Bildschirm. Man nennt das wohl Arbeiten? Naja.
Somit haben es die Expressionisten an diesem Tag auf den Quatsch hier geschafft. Depressiv ehrliche Texte, irgendwie ein bisschen Hamburger Schule aus Berlin. Der Bassist von Dackelblut, Blumen Am Arsch Der Hölle usw. ist hier am Start. Ganz nett. Passt zu einem Avocado-Ei-Brotstück mit Obst und Kaffee.
Rookie Records. Erstmal nur digital, wie es aussieht [UPDATE: Gibt’s laut Band (siehe Kommentar) auf LP bei Rookie, Flight13 und Hanseplatte in Hamburch. Mindestens]. Und auch schon wieder einen Monat alt, man kommt einfach nicht hinterher. Mehr Arbeit, mehr Kaffee. Schönen Resturlaub.
Vor 25 Jahren war ich knietief im Hardcore und Emo aus den USA versunken und fand so ziemlich alles andere an Neuerscheinungen mindestens kacke bis langweilig und uninteressant. Das liegt zum Einen natürlich am zarten Alter, in dem ich damals war, aber zum Anderen war auch alles andere kacke.
Punk Rock war schon ein paar Jahre kommerziell erfolgreich, die Musikindustrie hatte sich Green Day, the Offspring, ALL, Jawbox, Bad Religion und zahlreiche andere Bands geschnappt und ich hatte keinerlei Interesse an deren Musik.
Deutsche Bands waren alle irgendwie doof, weil Deutschpunk mit Ausnahmen schon immer ein bisschen zu dumpf und peinlich war. An deutschem Punk hatte ich überhaupt kein Interesse, außer vielleicht an Zorn oder Dawnbreed aber das ist ja nun wirklich was anderes gewesen.
Und so saß ich da selbstgerecht in meinem Keller und lauschte den 10 auserwählten Bands, die meiner würdig waren. Bis zu einem Abend, an dem ich mit einer Kassette konfrontiert wurde, die im Auto eines Kumpels lief. Naja, des älteren Bruders von nem Kumpel – so alt bin ich nun auch wieder nicht.
Und schon beim ersten Hören des Albums in dem rostigen Polo hab ich gemerkt, dass deutscher Punk Rock gar nicht mal so doof sein muss. Ganz im Gegenteil, das klang irgendwie verschroben intelligent und gleichzeitig saucool. Sensationelle Gitarrenmelodien und darüber schräger Gesang mit kreativer Nutzung deutscher Grammatik und Texte mit mehr Tiefe und Inhalt als die faden Geschichten und Gedichte aus meinem Deutschunterricht.
Das sind Dackelblut aus Hamburg!
Was ist mit der Estonia gewesen? Was macht eigentlich Jochen Distelmeyer? Wer macht die Wäsche bei antikapitalistischen Auftragsmördern? Die Texte von Rachut treffen immer genau in die Mitte zwischen den Peinlichkeiten von "kryptischer Kacke" und der "Auf die Fresse Plumpheit" – hier werden gute und wichtige Gedanken in persönliche und/oder verrückte Geschichten verpackt. Genial!
Dazu ein schickes Artwork und ein Cover, das dem Namen der Band nicht unähnlich ist – irgendwie ein bisschen seltsam und deswegen auch anziehend und cool. Obendrein noch ein Cover von Funny van Dannen als Sahnehäubchen drauf, das es eigentlich gar nicht gebraucht hätte.
Und ja, auch der ganze Kram, den die beiden (Jens und Andreas) danach gemacht haben, war super. Aber Dackelblut? Für mich die beste deutschsprachige Punk Rock Band mit den besten Geschichten und den besten Gitarrenläufen.
Mike Park, der Labelmensch von Asian Man Records, hat zusammen mit Leuten von Bithday Suits und Patrick Costello von Dillinger Four eine neue Band gegründet: Maguma Taishi (benannt nach einer Manga Serie der 60er). Obwohl eine 7″ im Sommer veröffentlicht wird, scheint die Band keine Zukunft zu haben. Mike Park hat schon angekündigt, dass sie wohl niemals eine Show spielen werden, was das Ganze einfach zu einem netten Nebenprojekt macht.
Richtig gut finde ich das nicht nur, weil ich wegen des Songtitels eine (unintendierte) Dackelblut Referenz erkenne, sondern weil dieser "lo-fi Punk Rock influenced by the Japanese hardcore scene" einfach nobel klingt.