Fun Total – Tristesse LP

Ich glaub, früher hat man dazu "intelligenter Punk Rock" gesagt, weil es deutschsprachig ist und man auf einmal gezwungen wurde, auf die Texte zu achten. Und wenn dann nicht nur saudumme Parolen gegröhlt werden, ist das direkt intelligent, ähnlich wie in der Politik eigentlich.

Was die Punk Rocker in den USA und sonstwo auf Englisch für eine Scheisse erzählen, wird ja oft weggetanzt und weggetrunken, Hauptsache, man hat Spaß. Und schon wären wir bei der Band aus Hamburg mit dem englischen Namen Fun Total. Die hat jüngst ihr Debütalbum veröffentlicht und 11 Lieder abgeliefert, die irgendwo zwischen Hamburger Indie Punk Realschule und Stuttgarter Noise Punk Gymnasium herumschwirren.

Passt ebenso gut zum Fußballspielen wie zum Antifa-Diskussionsabend in der Eckkneipe. Schaut sie euch live an, die sind im Februar und April unterwegs. Cool.

My Ruin. Leider zertrommelt die Snare ein bisschen den Sound auf der Platte, da hat jemand versucht, St. Anger von Metallica nachzuspielen und dann vergessen, den Mülldeckel wieder vom Snareständer abzuschrauben. Naja, vielleicht live ohne dann.

Dead Years – Night Thoughts LP

Irgendjemand hat mal behauptet, das zweite Album sei das schwierigste für eine erfolgreiche Band. Ähnlich wie bei einem Fußballclub, der zuächst eine sensationelle Saison spielt und im zweiten Jahr total abkackt. Nee, völlig falsche Analogie. Ach, egal.

Zum Glück schwimmen Dead Years aus Bielefeld in den unterirdischen Gefilden der Musik-Kommerz-Industrie und können sich von solch banalen Dingen wie Erfolg oder Standards freimachen. Ich höre jedenfalls keinen großen Unterschied zum ersten Album, das vor zwei Jahren erschienen ist. Und warum auch? Die Labels sind dieselben, die Band ist noch nicht nach Berlin gezogen und das Trio muss noch immer in der banalen Region von Ostwestfalen-Lippe seine Depressionen in schwarzen Klamotten und düsteren Liedern auf die Straße tragen.
Das kann man in den ersten beiden Songs des neuen Albums schon sehr gut heraushören – auch hier sind düstere Post Punk Motive vorherrschend und die Band klingt desöfteren so, als ob sie jemandem vorspielen solle, wie eigentlich diese Hysterese einst geklungen haben. Das ist nicht schlimm, das klingt toll. Und fairerweise muss man anerkennen, dass Dead Years eine Person weniger zur Verfügung für den Sound haben, als die Tübinger einsetzen konnten.

Hier ist ein sehr rundes Album auf einer sehr runden Schallplatte entstanden, das mit dem prima Debüt locker mithalten kann und nicht nur zu schaurigen Gedanken des Nachts über seine verschwendeten Jahre einlädt, sondern auch einfach wunderbar tanzbar ist, wenn man die Negativität in heftigen Bewegungen abschütteln kann. Toll.

Dirt Cult (USA) und My Ruin (DE). Erscheint Anfang Februar und dürfte schon früh im Jahr bei manchen Leuten auf den Best-Of Listen von 2024 landen, wenn die Band nicht im Laufe der nächsten 11 Monate unter dem Radar verschwindet. Also Leute, stellt euren Radar ein und besucht ein Konzert der Band. Ihr werdet nicht erraten, welcher Song von welchem Album stammt. Wetten?