Das kann alles weg.

Ich weiß grad nicht, was eigentlich schlimmer ist. Bands, die seit über 30 (Bad Religion) oder über 50 (Rolling Stones) Jahren bestehen und nicht aufhören wollen, immer und immer wieder dieselbe alte Scheisse auf ihre Alben zu pressen und den einfallslosen Dudelkram als das Beste zu bezeichnen, das sie je veröffentlicht haben. Versteht mich nicht falsch, beide hier genannten Bands finde ich zu einem gewissen Grad hervorragend und beide Bands haben grandiose Lieder geschrieben, bevor sie sich auf ein bestimmtes Muster festgelegt haben und mit aller Macht versuchen, jedes neue Stück Musik krampfhaft in dieses Schema zu pressen. Scheiss auf Innovation, wir machen das, wofür man uns zig Jahre kennt, damit verkaufen wir Alben, damit füllen wir Stadien. Schlimm.

Oder sind doch die Bands schlimmer, die sich in den letzten paar Jahren wieder zusammengefunden haben, obwohl ihre Zeit eigentlich längst abgelaufen war. Und das ist eine lange Liste. Angefangen bei A wie At The Drive In über R wie Refused bis zu Z wie Zero Boys. Das beste Beispiel dabei ist wahrscheinlich Black Flag, die sich ja gleich zu einer Doppel Reunion durch gerungen haben. Oder Bad Brains, die für ihre wahnsinnigen Live Shows in den frühen 80ern bekannt waren. Was sollen diese alte Männer da auf der Bühne? Das ist doch peinlich (könnt Ihr ja mal vergleichen: 1982 und 2013). Da hat man sich all die Jahre über die Eltern lustig gemacht, die auf Familienfeiern ihre Instrumente ausgepackt und Wild Thing oder No Milk Today zum Schlechten gegeben haben und jetzt das. Ich kann auch die Leute nicht verstehen, die sagen, sie hätten das alles damals verpasst und würden es toll finden, jetzt noch mal die Gelegenheit zu bekommen, das (für den 10-fachen Preis) nachzuholen. Hallo? Ihr könnt auch nicht Buzz Aldrin und Michael Collins fragen, ob sie noch mal zum Mond fliegen könnten, weil Ihr das damals verpasst habt. Fragen könnte man, aber ich glaub, Buzz Aldrin darf inzwischen nicht mal mehr Auto fahren. Diese Band Reunions sind genauso sinnvoll wie der Versuch von David Hasselhoff, die East Side Gallery zu retten. Zu einer bestimmten Zeit, in einer bestimmten gesellschaftlichen Stimmung ergeben seltsame Dinge einen Sinn. Dass Deutschland den Rettungsschwimmer, der mit Autos spricht, zu einem Idol macht, ist zwar traurig, aber irgendwie war das ein bisschen nachzuvollziehen mit dem Looking for Freedom und dem Mauerfall und so. Aber passt das heute noch?

Es nennt sich Geschichte. Es ist vorbei. Ich hab auch Minor Threat und Youth of Today und Dead Kennedys nie live gesehen. Ist scheisse, aber dafür bin ich noch nicht 50 und muss erzählen, dass früher alles besser war. Wo wir grad bei Minor Threat sind, ich bin Ian MacKaye dankbar, dass er wohl keinen Bock auf so eine bekackte Reunion hat und auch Fugazi nicht wiederkommen werden. So sehr ich auch seine aktuellen Sachen langweilig finde, so sehr kann ich seine musikalische Karriere respektieren, weil er immer das macht, wozu er Lust hat und nicht das, was am meisten Geld abwirft. Ähnlich verhält es sich mit Jello Biafra. Man kann sich zwar die Dead Kennedys ansehen, aber ohne ihn. Er macht seine eigene neue Musik. Ist das so schwer?

So gesehen bin ich auch Mark David Chapman dankbar, dass er John Lennon erschossen hat. Eine echte Beatles Reunion wäre schlimmer gewesen als die von Guns n’Roses. Was ich damit sagen will? Geht auf die kleinen Konzerte in Eurer kleinen Stadt und kauft aktuelle Platten von Bands, die noch frisch sind. Das sind diejenigen, die ihr morgen verpasst haben werdet. Hört auf, Eure Erinnerungen zu beklatschen!

1 Antwort zu “Das kann alles weg.”

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